Security: Hoher Bedarf, wenig Gehalt

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    Security: Hoher Bedarf, wenig Gehalt

    10. Februar 2024, 05:00 Uhr



    Seit einigen Jahren boomt die Security-Branche. Einen großen Anteil am gewachsenen Umsatz für Wachdienste hat die Bewachung von Flüchtlingsunterkünften. Das schnelle Wachstum hat Folgen: bei der Qualität der Mitarbeiter. Hinzu kommt, dass die Bezahlung in der Branche nicht besonders lukrativ ist - selbst für gut qualifizierte Security.

    von Matthias Pöls, Marcel Siepmann und Tobias Sylvan, MDR Investigativ


    Zu wenig Qualität, zu wenig Gehalt, zu wenig PersonalSecurity-Ausbildung kann eine Woche oder drei Jahre dauern.Niedriglohn: Höhere Qualifikation lohnt sich kaum.

    "Also du musst dich schon sehr motivieren, um für einen Stundenlohn von 13 Euro auf Arbeit zu gehen", sagt Heiko, der seit zwölf Jahren als Wachmann arbeitet. Er will nicht seinen vollen Namen im TV nennen. Der 60-Jährige hatte sich - wie auch viele andere - bei MDR Investigativ gemeldet, nachdem ein Bericht zu Übergriffen und extrem rechten Mitarbeitern in der Sicherheitsbranche ausgestrahlt worden war.



    "Also in dem MDR-Beitrag war es ja extrem, diese Neonazi-Szene in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl. Also solche Leute dürfen da nicht arbeiten."
    Heiko Security

    "Also in dem MDR-Beitrag war es ja extrem, diese Neonazi-Szene in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl. Also solche Leute dürfen da nicht arbeiten", sagt Heiko. Er arbeitet selbst in einer Unterkunft für Geflüchtete bei Zwickau und er begegne den Bewohnern mit Freundlichkeit und Wertschätzung, wie es sich gehöre. Getreu seinem Motto: "Wie es in den Wald hineinruft, schallt es wieder raus."

    Heiko findet, dass bei Rassismus oder dem Ausleben von Machtfantasien hart durchgegriffen werden müsse. Gleichzeitig müsse aber auch mehr dafür getan werden, gute Leute in den Beruf zu holen oder in diesem zu halten. Dafür müsse der Job attraktiver werden - etwa auch durch einen höheren Lohn.

    Zu wenig Qualität, zu wenig Gehalt, zu wenig Personal

    Doch die Finanzen sind teils knapp. Heikos Arbeitgeber fehle es an Geld: für mehr Personal und anständige Gehälter. Ähnliches wurde auch in den Youtube-Kommentaren unter dem MDR-Beitrag kritisiert. Ein häufig genannter Punkt: "Der billigste Anbieter hat immer den Auftrag erhalten."

    Das Problem liege in der Ausschreibung durch die Kommunen, kritisiert Verdi-Gewerkschaftssekretär Christian Schadow. Denn auch bei der Bewachung von Flüchtlingsheimen werde in erster Linie auf den Preis und nicht das Qualifikationsniveau geschaut. Wäre es anders, "könnten die Unternehmen über Qualität miteinander konkurrieren", so der Verdi-Experte für die Wach- und Sicherheitsbranche.

    Schlechte Bezahlung gepaart mit einem hohen Bedarf an Personal hätten dafür gesorgt, dass einige Menschen in der Branche gelandet sind, die nicht geeignet seien. In den vergangenen zwölf Jahren hat sich die Anzahl der Mitarbeiter im Sicherheitsgewerbe bundesweit um mehr als 100.000 Mitarbeiter erhöht. Viel Personal, das in kurzer Zeit ausgebildet werden musste.

    Zu geringe Anforderungen an Dozenten für Security-Ausbildung?

    Ein Beispiel: Am Institut für Bildung und Sicherheit (IBS) in Berlin absolviert Juliana da Costa José einen Kurs, um in der Sicherheitsbranche arbeiten zu können. In mehreren Monaten lernt sie dort mit anderen Schülern wichtige Grundregeln für den Beruf kennen - von juristische Grundlagen bis zu praktischen Inhalten.

    Da Costa José hatte sich bei MDR Investigativ nach der Ausstrahlung des Berichts gemeldet, weil sie zuvor an einer anderen Schule den Kurs nach zwei Tagen abgebrochen hatte. Der Grund: Ihr Dozent habe Verschwörungstheorien und antisemitische Inhalte verbreitet. Als sie das ansprach, habe sich wenig getan.

    Der Leiter des Bereichs Weiterbildung an ihrer neuen Schule, Eric Golembiewski, kennt die Schwierigkeit, geeignete Lehrkräfte zu finden. Es sei relativ einfach, Dozent zu werden: "Da gibt es zwei Wochen vorher einen Kurs, dann machst du bei der IHK eine schriftliche Prüfung." Dazu müsse man etwa 15 Minuten Unterricht abhalten, dann sei man bereits Dozent. "Und wenn da die Schule nicht hinterher ist, dann hast du halt auch Dozenten, die dementsprechend mit den Schülern umgehen." Um eine konstante Qualität anbieten zu können, arbeite die IBS deshalb überwiegend mit festen Dozenten oder mit freien Dozenten, die man schon länger kenne.

    Security-Ausbildung kann eine Woche oder drei Jahre dauern

    Ein Teil des Unterrichts an der IBS besteht auch darin, aufzuzeigen, welche Möglichkeiten bestehen, in der Sicherheitsbranche tätig zu werden. So gibt es etwa eine zwei- sowie eine dreijährige Ausbildung oder außerdem eine Sachkundeprüfung, auf die in einem mehrmonatigen IBS-Kurs vorbereitet wird. Zuletzt gibt es auch eine 40-stündige Unterrichtung - die schon ausreicht, um beispielsweise in einer Unterkunft für Geflüchtete zu arbeiten.



    "Das ist nicht mehr wie vor 20 Jahren, wo der an der Tür von einer Diskothek steht und sagt: 'Du darfst rein, du darfst nicht rein'."
    Eric Golembiewski IBS Berlin

    Golembiewski hält das für wenig zeitgemäß. Häufig werde unterschätzt, wie anspruchsvoll der Job als Wachschutz sei: "Das ist nicht mehr wie vor 20 Jahren, wo der an der Tür von einer Diskothek steht und sagt: 'Du darfst rein, du darfst nicht rein.' Sondern die Sicherheitsmitarbeiter sind Konfliktlöser." Das sei mit einem 13-Euro-Stundenlohn und mit einer nur 40-stündigen Ausbildung schwierig.


    Niedriglohn Security: Höhere Qualifikation lohnt sich kaum

    Ein weiteres Problem: Zeit und Geld in eine bessere Ausbildung zu stecken, lohnt sich in einem Niedriglohnbereich wie dem Sicherheitsgewerbe offenbar kaum. So verdient etwa Heiko trotz höherer Qualifikation nicht mehr als andere. Er findet: "Das Wachpersonal wird zu wenig wertgeschätzt."

    Arbeitsbedingungen, Ausbildung oder Rechtsextremismus: Die Probleme müssten endlich angegangen werden, findet Gewerkschafter Schadow. "Aus einer gewerkschaftlichen Sicht ist Wertschätzung natürlich in erster Linie mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen." Doch es müsse bei dieser sensiblen Branche endlich genauer hingeschaut werden. "Damit man eben diejenigen, die mit hohem Einsatz einen ordentlichen Job machen und für unsere Sicherheit sorgen, von denen trennt, die eigentlich die Branche nehmen, um ihre Gewaltfantasien auszuleben."



    Quelle: Mitteldeutscher Rundfunk

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