Vorsicht beim Gebrauch von Handschellen!!!

    • Erster Beitrag

    Hallöchen Forum!


    Am Wochenende hat mir mein Kollege (im Streifendienst tätig) von einer Gerichtsverhandlung erzählt, die meiner Meinung nach interessant für das Forum sein könnte.


    Kurze Einleitung:


    Person wird auf frischer Tat (Ladendiebstahl) durch 2 Sicherheitsmitarbeiter bzw. Detektive im Verkaufsraum eines Geschäftes gestellt. Alle Personen befinden sich zu diesem Zeitpunkt vor einem CD-Regal. Der Dieb verlangt lautstark nach der Polizei und will bis zum Eintreffen der Polizei genau an diesem Ort verweilen. Hierbei setzt sich der Tatverdächtige demonstrativ auf den Boden.
    Dem Dieb wird mündlich mitgeteilt, dass er vorläufig festgenommen ist.


    Nun entschließen sich die beiden SM den Tatverdächtigen (TV) in ihr Detektivbüro zu verbringen. Das möchte der TV aber nicht und bleibt sitzen.
    Die beiden SM beginnen nun mit einfacher körperlicher Gewalt den TV zu transportieren. Dieser leistet Widerstand und hält sich an Regalen und Personen fest.
    Daraufhin werden ihm im Geschäftsraum Handschellen durch beide SM angelegt (Hände auf dem Rücken). Nur mit Mühe und unter Geschrei des TV gelingt der Transport zum Büro.


    Als mein Kollege vor Ort eintrifft, befindet sich der TV im Detektivbüro mit einem schmerzverzerrtem Gesicht. Jegliche Bewegung seiner Arme und Hände beim Lösen der Handschellen verursachte beim TV augenscheinlich starke Schmerzen. Weiterhin waren beide Hände bläulich verfärbt und zeigten Verletzungen in Form von Einschürfungen an beiden Gelenken.


    Die Handschellen wurden als Beweismittel da Tatmittel nach StPO sichergestellt.


    Dieser Vorfall geschah im Mai 2009


    Nun zur Hauptverhandlung am AG (der Diebstahl wurde im Vorfeld mit Zahlung einer Geldstrafe abgeurteilt):


    ->Der Geschädigte klagt nach eigenen Angaben noch Heute über ein Taubheitsgefühl in den Fingerspitzen beider Hände und kann auch ein entsprechendes ärztliches Gutachten vorlegen. Seine berufliche Tätigkeit als angestellter Zweiradmechaniker steht demzufolge auf der "Kippe".


    ->Die sichergestellten Handschellen entpuppten sich als "Billigprodukt" aus Fernost und wurden nach Angaben eines Beschuldigten über einen Versandhandel bezogen. Diese Handschellen werden mangels Zulassung auch nicht von deutschen Behörden benutzt. Es konnten scharfe bzw. ungeschliffene Kanten an den Schellen festgestellt werden. Auch eine entsprechende schützende Arretierung fehlte!
    Somit wurden die Handschellen durch das Gericht als gefährliches Werkzeug eingestuft und hätten nicht angelegt werden dürfen.


    ->Das Verbringen des Geschädigten zum Detektivbüro wurde durch den Vorsitzenden sehr kritisch gesehen, zumal der Gesch. bereit war an Ort und Stelle auf die Polizei zu warten. Kausal wäre ja dann das Anlegen der Handschellen unterblieben und der Gesch. nicht verletzt worden. Dazu wurden noch 2 Zeugen gehört.


    -> Jetzt wird es interessant:


    Auf die Frage des StA wo die beiden Beschuldigten den ordnungsgemäßen Gebrauch und sicherer Handhabung bezüglich des Anlegens von Handschellen gelernt hätten, kam keine Antwort!


    Fazit: Die beiden wurden wegen gef.KV schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe verurteilt. Diese Geldstrafe fiel nicht so hoch aus, da der Vorsitzende in seiner Urteilsbegründung den noch anstehenden Zivilprozess nannte, wo wahrscheinlich noch Geldforderungen durch den Gesch. (Kläger) auf die beiden Sicherheitsmitarbeiter zukommen könnten.
    Die Versicherung der beiden SM hat sich wohl bezüglich eines durch den Anwalt angestrebten außergerichtlichen Vergleiches mit dem Gesch. total verweigert und auf die nicht eingehaltene Dienstanweisung hingewiesen.


    -Wenn mein Kollege noch im zivilrechtlichen Prozess aussagen muss, dann werde ich nachberichten!-


    Also: Vorsicht beim Handtieren mit Handschellen!!!


    Es grüßt


    das Zeitwesen


  • Ich war noch kurz am Überlegen, ob ich hinter die vorläufe Festnahme eine Klammerbemerkung schreibe... :lol:
    Natürlich ist schon klar, dass man das nicht bei jeder Festnahme Handschellen benutzen darf.
    Bei der vorläufigen Festnahme wende ich nur die Gewalt an, die erforderlich ist um den Täter festzuhalten. Und wenn meine eigene nicht mehr ausreicht, dann kommt eben die Acht.


    Wird der Täter gewalttätig, ist es natürlich sowieso durch Notwehr bzw. Nothilfe gedeckt.

  • Aber nur mit ner gaaaaaaaanz kleinen Stinkefuchs.


    Aber ehrlich gesagt, ergibt sich für mich auch aus der Notwehrvariante nicht unbedingt die Möglichkeit der Anlegung einer Handfessel. Oder sagen wir mal sehr, sehr eingeschränkt. Vielleicht wenn der Deliqent absolut nicht mehr zu bändigen ist, aber wie gesagt sehr, sehr eingeschränkt.


    Deswegen bläue ich meinen Schülern auch immer die Verhältnismässigkeit der Mittel ein, bis man sie Nachts wecken kann und sie auf die Frage worauf sie im Dienst achten müssen antworten: "Auf die Verhältnismässigkeit der Mittel." :twisted:

    "Wer nicht mit der Zeit geht...geht mit der Zeit" (Henry Ford)

  • Zitat von maltmk

    da erwarte ich schon mal nen § und das ensprechende Gesetz wo das stehen soll, dass man als SM Handfesseln anlegen darf. Da geht es mir nämlich wie "Zeitwesen" wir sprechen hier von der Anwendung unmittelbaren Zwanges und seit wann ist das SM gestattet ?


    Du bist gut. Meinst Du echt es gibt für jedes Fallbeispiel ein extra Gesetzestext ?


    Gefährliche Körperverletzung ist übrigens ein Verbrechen, aber kannst Du mir mal sagen wo genau steht, dass man jemandem keinen Baseballschläger über den Kopf ziehen darf? :)

  • In der Notwehr wird, wenn auch nur generell, nicht von einer Verhältnismäßigkeit gesprochen, sondern von der Erforderlichkeit. Wir schweifen aber ab...


    Fesselung für SMA ist nur durch Notwehr gedeckt - hier greift die Erforderlichkeit unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit.
    Ich könnte ihm auch beide Arme brechen, damit er nicht weiter auf sein wehrloses Opfer einprügelt... Verhältnismäßig wäre hier eine Fesselung - auch zu seinem eigenen Schutz. Es könnte (ganz theoretisch) aber auch erforderlich sein, ihm die Flügel zu brechen...


    Es gibt in der deutschen Rechtsprechung nicht für alle Vorkommnisse Paragraphen.
    Betrachtet doch mal den Begriff "Hausrecht".
    Hierfür gibt es keinen Paragraphen, der diesen Begriff definiert. Es gibt lediglich den Hausfriedensbruch, der für die genannten Handlungen/Unterlassungen ein Strafmaß definiert.
    Wir reden hier von allgemeinen Werten und üblichen Normen.


    Ähnlich ist es bei der Fesselung durch SMA.
    Es gibt keinen Paragraphen, der diese Handlung explizit erlaubt oder bewusst toleriert.
    Also muss ich einen Rechtfertigungsgrund finden und ggf. vorweisen, damit mir keiner ans Bein pissen kann.
    Un da greift ausschließlich Notwehr/Nothilfe.


    Ich möchte eine offizielle Einladung für den Kurs bekommen. Biiiiitteeeee!!!


    Ich gehe davon aus, dass einige Leute sich so aufs Glatteis führen lassen, dass sie mich anschließend bis aufs Blut hassen. So wie einige Leute hier im Forum :mrgreen:

  • Zitat von Spielverderber

    Du bist gut. Meinst Du echt es gibt für jedes Fallbeispiel ein extra Gesetzestext ?


    Gefährliche Körperverletzung ist übrigens ein Verbrechen, aber kannst Du mir mal sagen wo genau steht, dass man jemandem keinen Baseballschläger über den Kopf ziehen darf? :)


    Das wohl nicht. Aber wenn ich mich recht entsinne steht in der gefährlichen KV: mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs


    Hm und wozu zählt jetzt wohl der Baseballschläger....mal überlegen...


    Wenn man sich mit dieser Thematik auseinandersetzt, sollte man vielleicht auch einmal in entsprechende Kommentare oder Urteile schauen und nicht nur einfach sagen, das mach ich seit neun jahren schon, da is noch nie was passiert. Wie Stinkefuchs schon sagte, haste wahrscheinlich bisher viel Glück gehabt. Raten zu solch einer Einstellung und Handlungsweise würd ich jedenfalls nie.

    "Wer nicht mit der Zeit geht...geht mit der Zeit" (Henry Ford)

  • Zitat von maltmk

    Das wohl nicht. Aber wenn ich mich recht entsinne steht in der gefährlichen KV: mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs

    Oder eines weiteren Tatbeteiligten, der nichtmal aktiv mitprügeln muss. Es reicht, wenn er dem Täter zuzuordnen ist und während der Klopperei dem Täter "den Rücken freihält"... Nur der Vollständigkeit halber. 8)

  • Zitat von stinkefuchs

    Ich möchte eine offizielle Einladung für den Kurs bekommen. Biiiiitteeeee!!!


    Ich gehe davon aus, dass einige Leute sich so aufs Glatteis führen lassen, dass sie mich anschließend bis aufs Blut hassen. So wie einige Leute hier im Forum :mrgreen:


    Kein Problem, Anmeldeformulare findest Du auf meiner Seite, aber sei nicht enttäuscht, wenn der Kurs eng an die vorgegebenen Gesetzestexte und den Lehrplan der IHK für die sachkundeprüfung gem. § 34 aGewO angelehnt is. kann ziehmlich öde werden für Dich :D


    Und nein, wer soll Dich denn hier bis aufs Blut hassen ?? Wie kommst Du nur darauf,nö,nö 8)

    "Wer nicht mit der Zeit geht...geht mit der Zeit" (Henry Ford)

  • Zitat von stinkefuchs

    Oder eines weiteren Tatbeteiligten, der nichtmal aktiv mitprügeln muss. Es reicht, wenn er dem Täter zuzuordnen ist und während der Klopperei dem Täter "den Rücken freihält"... Nur der Vollständigkeit halber. 8)


    Danke für den Hinweis, ich hatte nur diesen einen Abschnitt erwähnt, weil er von Baseballschläger sprach. Aber dann hätts das andere ja auch noch erwähnen sollen:


    (1) Wer die Körperverletzung
    1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
    2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
    3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,
    4. mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
    5. mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung


    begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.


    8)8)

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  • Zitat von maltmk

    Das wohl nicht. Aber wenn ich mich recht entsinne steht in der gefährlichen KV: mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs


    Hm und wozu zählt jetzt wohl der Baseballschläger....mal überlegen...


    Komisch, dass GENAU DAS bei dem Gesetzestext bei Dir dann auf einmal doch funktioniert...


    Zitat von maltmk


    Wenn man sich mit dieser Thematik auseinandersetzt, sollte man vielleicht auch einmal in entsprechende Kommentare oder Urteile schauen und nicht nur einfach sagen, das mach ich seit neun jahren schon, da is noch nie was passiert. Wie Stinkefuchs schon sagte, haste wahrscheinlich bisher viel Glück gehabt.


    Ja, iss richtig... :lol:



    Zitat von maltmk


    Raten zu solch einer Einstellung und Handlungsweise würd ich jedenfalls nie.


    Verzeih mir, wenn mich das jetzt nicht so wirklich interessiert....



    Übrigens: Selbst WENN ich hierfür mal gesetzlich einen mitbekommen würde, würde ich es dennoch nicht bereuen.
    Denn wenn ich jemanden fessel, dann weiss ich warum, und dann ist dies nur zu meinem eigenen Schutz. Und da bekomm ich lieber vom Gesetz eins ausgewischt als vom Täter.



    Über Fälle wie im Anfangsposting braucht man natürlich nicht zu reden. Dass das überzogen war - keine Frage.

  • Och, ich hab da mal was gehört...
    Soll ein paar Leute geben, die da so denken...
    Komischerweise denken die Leute, die mich wirklich kennen, etwas anders.


    Ich hab den weiteren Tatbeteiligten einfach mit eingeworfen, da man den ja auch festnehmen kann.
    Schließlich ist er Mittäter in der "gef. KV". Ohne den Tatbeteiligten wäre es, wenn keine "Hilfsmittel" genutzt werden, ja nur ´ne einfache KV.


    Ich wollte darauf hinaus, dass man den Bogen auch überspannen kann.


    Unterm Strich sind wir uns aber doch wohl einig, dass Notwehr der einzige Grund ist (und sein kann), der eine Fesselung ermöglicht - und darum ging es ja ursprünglich.

  • Zitat von stinkefuchs


    Unterm Strich sind wir uns aber doch wohl einig, dass Notwehr der einzige Grund ist (und sein kann), der eine Fesselung ermöglicht - und darum ging es ja ursprünglich.


    -->Das ist genau richtig so! Alle anderen "Konstruktionen" sind rechtswidrig bzw. gefährlich.


    Spielverderber:
    Die gef. KV ist ein Vergehen und kein Verbrechen!


    Ansonsten wünsch ich Euch ein hoffentlich sonniges Wochenende


    -Zw-

  • Meiner Meinung nach sollte man nochmals in den §127 StPO geschaut werden.
    Natürlich dürfen SMAs Handfesseln benutzen sofern das Verhältnis gegeben ist, der Täter unbekannt und fliehen will!
    Da lege ich sofern ich diese vom Einsatzleiter führen darf, auch an.


    Fraglich ist jedoch mittlerweile die ganze StPO in der Bundesrepublik. Im §1 EG StPO stand bis April 2006:
    Die Strafprozessordnung tritt im ganzen Reich in Kraft.
    (P.S.: Die Republik Deutsches Reich besitzt laut Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 31.07.73 heute noch rechtsfähigkeit)


    Somit war dies der Geltungsbereich der StPO. Mit dem ersten bundesbereinigungsgesetz wurde dieser § aufgehoben. Somit gilt die StPO nicht mehr in der Bundesrepublik Deutschland- Somit darf kein Prozess gemacht werden sowohl von uns Privaten als auch von der Landespolizei/Bundespolizei oder Ortspolizisten etc.


    http://www.buzer.de/gesetz/3789/a53228.htm


    Danke im vorraus auf Antworten mit sachlichen Inhalt. :D

  • Wer auch immer Du bist:
    Danke, dass ich heute Abend noch über etwas lachen konnte.
    In diesem Fall ist bzw. war es Dein Halbwissen.


    Falls Du tatsächlich so arbeitest:
    Werde Bäcker oder sonstwas!

  • Zu diesem Thema gibt es schon immer sehr viele Diskussionen. Gerade im Bereich der Kaufhausdetektive gab es dahingehend schon viele Rechtsprechungen und Urteile.


    Im Groben kommt summasumarum eines dabei heraus:


    Grundsätzlich wird es so betrachtet, dass Handfesseln als Zwangsmittel von richterlicher Seite her deklariert werden. Zwangsmittel stehen in erster Linie nur den Vertretern der hoheitlichen Rechte (beziehen wir uns hier mal in erster Linie auf die Polizei z.B.) zu und nicht Jedermann.


    Das >Führen< durch Jedermann als solches stellt kein Problem dar. Bei der Anwendung sieht es dahingehend schon wieder anders aus.


    Eine Anwendung durch Jedermann kann durchaus gerechtfertigt sein, allerdings nur durch beispielsweise einer Notwehr-,bzw. Notstandssituation. Dies aber auch nur, wenn vom Betroffenen eine entsprechende Selbst- oder Fremdgefährdung, z.B. in Form eines sog. "amokartigen Ausrastens" ausgehen würde und die Abwendung der Gefährdung nicht anders möglich als durch Einsatz dieses Zwangsmittels ist, es somit das einzige zur Verfügung stehende Mittel ist, dass erfolgverprechend hinsichtlich der Gefahrenabwehr-bzw, Eindämmung ist

  • Wieso immer Handfesseln, wenn die Sichheitsmitarbeiter damit rumlaufen sieht das Lächerlich, ich nehme jetzt hoheitlichen Aufgaben war. Sie sollten Mullbinden nehmen sind genau so effektiv.

    Erfahrung und Wissen zählt um die Dienstleistung sinnvoll umzusetzen.

  • ich nehme Hansaplast.


    Klebt gut und ich muss keine Knoten machen :lol:

    Gruss
    Ghost


    Seiner eigenen Würde gibt Ausdruck, wer die Würde anderer Menschen respektiert.
    R.v.Weizsäcker

  • Ich meinte es ernst mit der Mullbinde, frührer wo ich noch Rettungswagen gefahren bin, bei einer Zwangseinweisung, wenn das Orfdnungsamt keine Handschellen mit hatte haben ir Mullbinden genommen.

    Erfahrung und Wissen zählt um die Dienstleistung sinnvoll umzusetzen.

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