Rechtliche Grundlage für das Fesseln

    • Erster Beitrag

    Ich habe ja mit Veranstaltungsschutz wenig zu tun, lese hier aber immer wieder, dass fixiert wird oder sogar Handschellen angelegt werden. Wie begründet ihr denn rechtlich so das 'Fesseln' einer Person oder das Handschellen anlegen ?

    Die beste Möglichkeit, seine Träume zu verwirklichen, ist aufzuwachen.

  • Hallo, möchte auch mal meinen Senf dazugeben!
    Also, wirklich falsche Sachen hab ich hier nicht gelesen...aber man sollte bedenken, dass wenn man jemanden fesselt sich in eine Garantenstellung begibt! Das heißt wenn ich einen betrunkenen fessle muss ich wohl darauf achten dass er nicht an seinem Erbrochenen stirbt.
    Kann vielleicht schwierig werden falls man noch andere Sachen zu tun hat :)
    Und man darf kein milderes Mittel zur Verfügung haben! Es ist( wie oben schon geschrieben) nicht zulässig ein Kind zu fesseln, von dem keine zu große Gefahr ausgeht....und man wird wohl auch Probleme haben zu erklären warum man den Typen, der eh nicht mehr laufen konnte(er stand zwei Stunden am, Tequila-Bus) gefesselt hat.
    Und ganz wichtig: Wenn man jemanden versucht zu fesseln und garnicht berechtigt gewesen wäre darf derjenige sich in Notwehr zur Wehr setzen...und man bekommt ein paar auf die Lichter und dürfte sich nicht mal wehren ( rein rechtlich) da man gegen Notwehr keine Notwehr anwenden darf :D
    Ich sehe rechtlich nur den Zusammenhang mit 127 StPO, und zwar aus folgenden Gründen:
    - geht es um Ladendiebstahl Sachbeschädigung etc. kann man von seinen Jedermannsrechten Gebrauch machen, da ein fin. Anspruch entstanden ist. Nun kann man die Personalien feststellen und muss ihn gehenlassen und kann nun Anzeige stellen.
    Sind die Personalien nicht feststellbar muss man die Polizei hinzuziehen da man selber nicht dazu berechtigt ist dies unter dem unmittelbaren Zwang zu tun.
    Also hält man ihn nach 127 StPO fest. Sollte dies aber eine Gefahr für leib und Leben darstellen( er versucht wiederholt die Familienjuwelen zu zerqutschen...oder denkt er wäre Mike Tyson und schnapt immer wieder nach den Ohren) kann man ihn fesseln....ist ein milderes Mittel als ihn in oben erwähnter Tyson Manier K.O. zu hauen. Wobei bei Veranstaltungen zu beachten ist: Wenn die Polizei vor Ort ist ( in Bayern oft) ist hoheitliche Hilfe rechtzeitig zu erlangen und ein fesseln nicht mehr legitim
    Aber wie bei allen Gewaltanwendungen darf das fesseln nie erste Maßnahme sein...aber dazu vielleicht mehr von unserem Komunikationstrainer SCHATTENMÄN...es gibt auch Techniken die Sache zu deeskalieren( klappt freilich nicht immer) und die Schicht ohne Gewalt zu beenden! Grüße BBM

  • Zitat von Ben

    finde echt erstaunlich, wie viele leute - sogar aus der branche - diesen schwachsinn behaupten.


    Vielleicht mal zur Erinnerung, weshalb ich vor 1 jahr diesen thread eröffnet hatte:
    Ich las auf den IHK-Unterlagen eines Mitarbeiters zur WSFK-Prüfung " zur Durchführung der vorläufigen Festnahme sind Handschellen erlaubt"....und genau DAS ist SCHWACHSINN !


    Das Anlegen von Handfesseln ist an ganz enge Bestimmungen im Einzelfall gebunden: 127(1) in Verbindung mit 32. - Dazu ist hier schon so einiges gesagt worden. Ich kann aber nicht einfach sagen, wenn sich ein Festgenommener wehrt, lege ich ihm Handfesseln an, weil das nach den "Dozentenunterlagen" erlaubt sei. Ich muss im Einzelfall die Art des Angriffes und die erforderliche Verteidigungshandlung würdigen. Und kann nicht einfach sagen, Handefesseln sind erlaubt bei der Ausübung der Festnahme. So etwas kann man doch nicht "lehren" !


    Warum und wieso in der Praxis Handefesseln angelegt werden und wie das akzeptiert und toleriert wird, ist doch dabei eine ganz andere Sache. Aber es gibt für Private keine rechtliche Bestimmung, die das Anlegen von Handfesseln bei einer Festnahme einfach so "erlaubt" und genau dies hat dieser Dozentensatz suggeriert.

    Die beste Möglichkeit, seine Träume zu verwirklichen, ist aufzuwachen.

  • Zitat

    Also hält man ihn nach 127 StPO fest.


    Oder (besser) nach §229 BGB. Ebenso notwehrfähig. Dann allerdings nach §227 BGB


    Zitat

    Ich las auf den IHK-Unterlagen eines Mitarbeiters zur WSFK-Prüfung " zur Durchführung der vorläufigen Festnahme sind Handschellen erlaubt"....und genau DAS ist SCHWACHSINN !


    Eben.


    Ausnahmen bestätigen die Regel und deshalb ist das Lehren von Ausnahmen Schwachsinn. Lieber einmal nicht nach der Ausnahme gehandelt und dafür falsch aber straffrei als einmal nach der Ausnahme gehandelt aber falsch und strafbar.

    --
    Trotz markiger Erklärungen produzieren wir wenig Sicherheit und viel Sicherheitsmarketing, das bestenfalls Passagiere in Flugzeugen und Besucher von Massenveranstaltungen beruhigt.


    Dagobert Lindlau

  • Hallo Eugene!
    Das musst du mir jetzt erklären... nach §227???:
    § 227
    Notwehr
    (1) Eine durch Notwehr gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich.


    (2) Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.


    Soweit sogut...und nun §229


    § 229
    Selbsthilfe
    Wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbsthilfe einen Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist, festnimmt oder den Widerstand des Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.


    So...und nun meine Frage: Das würde heißen, dass ich ihn nur festhalten darf solange der Angriff gegenwärtig ist...
    Aber ist es nicht so, dass §227 und §229 total unabhängig voneinander sind und beides Jedermannsrechte sind, die nichts miteinander zu tun haben :wink:


    Eugene Vidoq hat folgendes geschrieben:


    Oder (besser) nach §229 BGB. Ebenso notwehrfähig. Dann allerdings nach §227 BGB


    Sowas solltest du deinem Friseur erzählen :shock:

  • [quote="Eugene Vidoq
    Ausnahmen bestätigen die Regel und deshalb ist das Lehren von Ausnahmen Schwachsinn. .[/quote]


    Diesen Satz werde ich mir merken. Er trifft es so wunderbar richtig ! :wink:


    Rolf

    Die beste Möglichkeit, seine Träume zu verwirklichen, ist aufzuwachen.

  • Zitat

    Sowas solltest du deinem Friseur erzählen


    Schätzchen, ich habe schon Leute nach §229 festgenommen, da bist du noch in Windeln um den Baum gerannt.


    Wenn ich einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff, welcher als zivilrechtliches Delikt begangen wird, abwehre, dann muss das auf Grund einer zivilrechtlichen Vorschrift geschehen. Wenn ich einen strafrechtlich relevanten Angriff abwehre, dann aufgrund einer strafrechtlichen Vorschrift. Und wenn der Angriff aufgrund einer ordnungsrechtlichen Grundlage rechtswidrig ist, dann erfolgt die Notwehr aufgrund des §15 OWiG. Das mag für für dich schwer zu verstehen sein, insbesondere wenn der Text im StGB, BGB und OWiG jeweils der Gleiche ist; ändert aber nicht den rechtstheoretischen Ansatz.


    Denn wenn man dann vorm Richter steht und was von "er hat nicht gekotzt, denn ich war Garant" brabbelt bekommt der Richter bestenfalls einen Lachkrampf. Denn Richter gehen (irriger Weise) davon aus, dass Sicherheitsmitarbeiter wissen, was sie da tun. Und deshalb ist solche senfige Halbwissensrabulistik wie deine brandgefährlich, denn es konnte Leser geben die tatsächlich deine - tatsächliche, unter Umständen mögliche - Ausnahme (die, wo der betrunkene, von Übelkeit geplagte, nicht mehr stehen könnende Ladendieb am Tequila-Bus gefesselt wird um dir in Notwehr nicht eins auf die Lichter geben zu können) als Regel nehmen

    --
    Trotz markiger Erklärungen produzieren wir wenig Sicherheit und viel Sicherheitsmarketing, das bestenfalls Passagiere in Flugzeugen und Besucher von Massenveranstaltungen beruhigt.


    Dagobert Lindlau

  • Ist das nicht schön, so eine Antwort :) Gefällt mir ausgesprochen gut.


    Hinzu kommt, dass an eine "erforderliche Verteidigungshandlung" gegen einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff im zivilrechtlichen Bereich andere Maßstäbe angelegt werden als im strafrechtlichen Bereich. Der rechtswidrige Angriff ergibt sich übrigens aus dem 229 (Widerstand, den der Verpflichtete zu dulden hat). Also stehen die §§ 229 und 227 je nach Sachlage schon in Zusammenhang. Mündet dieser "Widerstand" dann beispw. in eine Köperverletzung bin ich wieder im strafrechtlichen Bereich und habe das Notwehrrecht nach 32 StGB auf meiner Seite. - Allenfalls da kann der Gedanke an eine Handfessel aufkommen, was aber wiederum nicht heißt, dass man diese dann einfach anlegen darf, weil man das mal so gehört hat.


    Grundsätzlich gilt für mich( jeder hat das Recht anders darüber zu denken): wenn du dir über die Rechtslage nicht eindeutig und fundiert im Klaren bist, dann lass die Maßnahme.


    Mit jeder Maßnahme wird in die Grundrechte Dritter eingegriffen und da sollte es schon klar sein, dass man eben nicht mehr darf als Nachbar Müller, der auch kein Polizist ist. Auch die schönste Uniform und die hell blinkenden Handschellen dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass es eben kein "Zwischending" zwischen Herrn Müller und der Polizei gibt :)
    So leid es mir tut, aber so isses halt :)

    Die beste Möglichkeit, seine Träume zu verwirklichen, ist aufzuwachen.

  • Zitat von rolf0404

    Auch die schönste Uniform und die hell blinkenden Handschellen dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass es eben kein "Zwischending" zwischen Herrn Müller und der Polizei gibt.


    ..und den Satz lernen bitte alle auswendig und beherzigen ihn, dann gibts auch keine Probleme!! :D



    Gruss L.

    Sed quis custodiet ipsos custodes?


    "None of you understand. I'm not locked up in here with you. You're locked up in here with me."

  • Noch mal für eugene: Wenn du einen fesselst, der dann am Boden liegt und an seinem erbrochenen erstickt gehst du ins Gefängniss, gehe direkt dorthin gehen sie nicht über los...ziehen sie kein Gehalt mehr ein Klaro???
    Und was du sagst mit deinen Aspekten von Öffentlchen und Zivilrecht klingt schon irgendwie als hättest du schonmal ein Buch gelesen... aber


    Eugene hat folgendes geschrieben:


    Oder (besser) nach §229 BGB. Ebenso notwehrfähig. Dann allerdings nach §227 BGB


    Du hast geschrieben, dass deine Selbsthilfe Notwehrfähig ist und zwar nach § 227...und dass ist halt was was ein Friseur glaubt, aber niemand der den 34a Lehrgang gemacht hat :-)


    Es ist auch schön dass du weißt wo es überall Notwehr gibt!
    Aber ich hab nie behauptet, dass du das nicht wüsstest!


    Und warum sind meine Ausführungen brandgefährlich??? ich wollte den Lesern in dem Forum nur nahe legen, dass man auf den gefesselten ( wenn man ihn nun unbedingt fesseln musste) im Auge haben sollte, falls es ihm nicht gut geht, man hat ihn in ne situation versetzt in der er hilflos ist, also wird man zum Garanten.


    Eugene hat geschrieben:


    Denn wenn man dann vorm Richter steht und was von "er hat nicht gekotzt, denn ich war Garant" brabbelt bekommt der Richter bestenfalls einen Lachkrampf.


    Stimmt, dann lacht der Richter...aber wenn man es so macht wie ich geschrieben hab dann nicht!


    Ich hab auch nicht geschrieben von einem Ladendieb der am Tequilabus stand...du solltest deine Gleitsichtbrille überprüfen lassen...wenn du der Meinung bist einen Ladendieb fesseln zu dürfen tust du mir leid ( Rechtsgüterabwägung???Für dich anscheinend ein Fremdwort)


    Und wenn man so rechtssicher ist wie du versteh ich nicht, warum du das geschrieben hast:


    Lieber einmal nicht nach der Ausnahme gehandelt und dafür falsch aber straffrei als einmal nach der Ausnahme gehandelt aber falsch und strafbar.


    Wenn man rechtssicher ist handelt man richtig und straffrei du gibst also den Leuten die hier lesen den Tip lieber ein Auge zuzudrücken und mal lieber kein Risiko einzugehen


    Komisch, es gibt hier Threads in denen Propagierst du sogar dass ne Beleidigung Notwehrfähig ist...und man da auch mal zulangen darf... und jetzt sollte man deiner Ansicht nach mal lieber ruhig bleiben und was falsch machen...


    Und bitte, wenn du wieder auf so eine Agressive Art und Weise auf meinen Beitrag antwortest les dirs 2 mal durch und wenn du wieder zu Sachen schreibst die ich garnicht kritisiert haben spar dir die Mühe und erzähls deinem Friseur.

  • Zitat

    Und wenn man so rechtssicher ist wie du versteh ich nicht, warum du das geschrieben hast:

    .


    Ich bin rechtssicher. Ich schrieb das für dich!


    Weltfremd bin ich auch nicht.


    Zitat

    Wenn du einen fesselst, der dann am Boden liegt und an seinem erbrochenen erstickt gehst du ins Gefängniss


    Wieso sollte ich jemanden fesseln, der am Boden liegt? Damit er nicht wegkrabbelt?


    Zitat

    wenn du der Meinung bist einen Ladendieb fesseln zu dürfen tust du mir leid ( Rechtsgüterabwägung???Für dich anscheinend ein Fremdwort)


    Wenn du in deinem ach so tollen 34a Lehrgang aufgepasst hättest wüsstest du, dass es a) bei Notwehr keine Rechtsgüterabwägung gibt und b) im Rahmen der Festnahme nach 127 a StPO keinen Rechtfertigungsgrund (womit wir wieder beim Thema sind) zur Fesselung gibt.


    Und bevor ich es wieder vergesse: Deine Garantenpflicht ist auch großer Mist. Wenn ich jemanden mit Handschellen fessel und dieser deswegen an seiner Kotze erstickt ist das eine (bestenfalls fahrlässige) Körperverletzung mit Todesfolge und damit mit ein echtes Unterlassungsdelikt.


    Denn wie Rolf richtig festgestellt hat


    Zitat

    gibt für Private keine rechtliche Bestimmung, die das Anlegen von Handfesseln bei einer Festnahme einfach so "erlaubt"


    Und somit ist in der Regel bereits der Straftatsbestand durch die Fesselung ff. erfolgt. Die Todesfolge macht sich nur noch im Strafmaß bemerkbar.


    Anders beim Polizeibeamten, der aufgrund der Gesetze unmittelbaren Zwang anwenden darf. Wenn dessen Gefesselter am Erbrochenen erstickt ist er unter Umständen wegen Verletzung seiner Garantenstellungen dran.

    --
    Trotz markiger Erklärungen produzieren wir wenig Sicherheit und viel Sicherheitsmarketing, das bestenfalls Passagiere in Flugzeugen und Besucher von Massenveranstaltungen beruhigt.


    Dagobert Lindlau

  • Ich liebe die unendlichen Diskussionen, was im Rahmen des § 127 StPO erlaubt ist, dabei ist es doch (in der Theorie) so einfach...


    Ich hatte schon mal empfohlen, BGH 4 StR 558/99 zu lesen, den „Ladendetektiv würgt Ladendieb zu Tode“-Fall.


    Dort heißt es bzgl. § 127 StPO:


    Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass das Handeln des Angeklagten zunächst durch das Festnahmerecht nach § 127 Abs. 1 Satz 1 StPO gerechtfertigt war. Als Ladendetektiv hatte der Angeklagte zwar keine polizeilichen Rechte und Funktionen; er durfte aber solche Handlungen vornehmen, die "jedermann" gestattet sind (...). Da sich sein Tatverdacht - durch Auffinden der entwendeten CDs in der Jackentasche des D. - bestätigt hat, kommt es auf die umstrittene Frage, ob eine Festnahme nach § 127 Abs. 1 Satz 1 StPO nur zulässig ist, wenn eine Straftat wirklich begangen worden ist (...), nicht an. Der Angeklagte hatte D. "auf frischer Tat" noch am Tatort betroffen. Da D., auf den Diebstahl angesprochen, zu flüchten versuchte, war der Angeklagte befugt, ihn vorläufig festzunehmen, auch wenn - wozu sich das Landgericht nicht äußert - D. keinen räuberischen Diebstahl, sondern nur einen Diebstahl begangen hatte; denn § 127 Abs. 1 Satz 1 StPO der an die "Frische" und nicht an die "Schwere" der Tat anknüpft (...) gilt unabhängig von der Gewichtigkeit der Tat und vom Wert der Beute bei allen Verbrechen oder Vergehen (...). Allerdings gestattet das Recht zur Festnahme nicht die Anwendung eines jeden Mittels, das zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist, selbst wenn die Ausführung oder Aufrechterhaltung der Festnahme sonst nicht möglich wäre. Das angewendete Mittel muss vielmehr zum Festnahmezweck in einem angemessenen Verhältnis stehen. Unzulässig ist es daher regelmäßig, die Flucht eines Straftäters durch Handlungen zu verhindern, die zu einer ernsthaften Beschädigung seiner Gesundheit oder zu, einer unmittelbaren Gefährdung seines Lebens führen (...). Dazu gehört auch das lebensgefährdende Würgen eines auf frischer Tat Betroffenen. Der durch § 127 StPO geschützte staatliche Strafanspruch hat nämlich grundsätzlich hinter der Gesundheit des Straftäters zurückzutreten. Der Norm eine weiter gehende Befugnis zu entnehmen ist zudem entbehrlich, weil dann, wenn sich der Festzunehmende dem Einsatz zulässiger Mittel mit Gewalt widersetzt, dem Festnehmenden § 32 StGB mit weiter reichenden Notwehrbefugnissen zur Seite steht (...).


    Also weiter mit der Notwehr.


    Dazu empfehle ich folgenden Leitsatz zu BGH 4 StR 256/01:


    Ob eine Verteidigungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 StGB erforderlich ist, hängt im wesentlichen von Art und Maß des Angriffs ab. Grundsätzlich darf der Angegriffene das Abwehrmittel wählen, das eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr erwarten lässt (vgl. BGHSt 25, 229, 230). Er muss sich nicht mit der Anwendung weniger gefährlicher Verteidigungsmittel begnügen, wenn deren Abwehrwirkung zweifelhaft ist. Wann eine weniger gefährliche Abwehr geeignet ist, die Gefahr zweifelsfrei zu beseitigen, hängt von der jeweiligen “Kampflage” ab (BGHR StGB § 32 Abs. 2 Erforderlichkeit 5).


    Dürfen also Handschellen verwendet werden? Die Antwort ist ein klares „Jein“, denn nur wenn das Fesseln mit Handschellen das geringst mögliche, am wenigsten schädliche Mittel ist (das auch zur Verfügung steht!), sind sie zulässig.


    @ Eugene


    Körperverletzung ist und bleibt ein Begehungsdelikt!

  • Also Eugene wir leben in einem Rechtsstaat und deshalb gibt es eine Güterabwegung auch bei Notwehr!
    Für dich zum Verständniss, "notwendig und geboten" bedeutet auf Eugene-Deutsch das das Mittel das mildeste Mittel sein muss dass geeignet ist den Angriff abzuwären.
    Und fahrlässig bedeutet, dass du die im Verkehr notwendige Sorgfalt außer acht gelassen hast, und jetzt erklär mir mal wie du dass bei Fesseln machst :D
    Wenn du LSD genommen hast glaubt dir der Richter evtl. das du nicht wusstest dass er an seinem Erbrochenen ersticken konnte.
    Ansonsten wird er wohl auf dem Boden liegen mit Handschellen um die Hände, wirst ja keinen Stuhl in der Arschtasche haben...und falls doch, betrunkene können auch im sitzen an ihrer Kotze ersticken.
    Und da du ja schon 40 Jahre Erfahrung in der Brance hast wird dir der Richter wohl sagen: Sie hätten dies aufgrund der Tatsache, dass sie das schon gemacht haben als ich noch Windeln anhatte wissen müssen und haben es billigend in Kauf genommen, dass person X- zu schaden kommt...ergo Indirekter Vorsatz :idea:


    Aber mal echt, das Fesseln überhaupt mit Notwehr in Verbindung zu bringen ist echt schwach, und dass du denkst das es bei Notwehr keine Rechtsgüterabwägung gibt noch viel schwächer.
    So kann man in dem Gewerbe nie nen ordentlichen Lohn durchdrücken

  • Ein Beispiel dazu: Wenn ich sehe, dass jemand einen anderen umbringt, tötet, ermordet, meuchelt nennt es wie ihr wollt und ich schaffe es im Kampf mein Leben zu retten und ihn bewusstlos zu schlagen darf ich ihn fesseln um ihn so zu verwahren, dass für mich keine Gefahr mehr besteht.
    Dies tue ich nach §127, da ich ihn ja der Hoheitlichen Gewalt zustellen will ( erfahrene Wachmänner rufen die Polizei)
    Nun würde mich mal ein Beispiel interessieren das im Sicherheitsgewerbe so oft vorkommt, dass eugene das schon 1000 mal erlebt hat, wo eine Handschellen-Fixierung legitim war und der Fessler nicht nur Glück hatte, dass sich der Gefesselte entweder seiner Rechte nicht bewusst war oder sich keinen Anwalt leisten konnte

  • Zitat von Braubundmadin

    Also Eugene wir leben in einem Rechtsstaat und deshalb gibt es eine Güterabwegung auch bei Notwehr!


    Eben nicht. Die "Erforderlichkeit" einer Abwehr ist abzuwägen. Das hat mit der Güterabwägung nichts zu tun.
    Es hat ja auch niemand behauptet, dass im EINZELFALL eine Fesselung nicht geboten erscheinen mag, aber zu lehren, dass bei einer Festnahme Handfesseln angelegt werden dürfen, halte ich persönlich für sehr vermessen und schlichtweg falsch. Es ist und bleibt die Ausnahme und kommt auf den genauen Einzelfall an. Und da gebe ich Eugene eben vollkommen recht: Ausnahmen sollten nicht als Regel gelehrt werden.
    Die Regel ist: es gibt für Private keine rechtliche Grundlage für das Anlegen einer Handfessel!


    Zitat: Wenn du einen fesselst, der dann am Boden liegt und an seinem erbrochenen erstickt gehst du ins Gefängniss, gehe direkt dorthin gehen sie nicht über los...ziehen sie kein Gehalt mehr ein Klaro???


    Genau damit suggerierst du, dass die Handfessel zunächst einmal gerechtfertigt war und es jetzt nur noch darauf ankommt, dass du deiner Garantenstellung, die du damit herbei geführt hast, gerecht wirst. Wie will dich jemand, der am Boden liegt und kotzt angreifen oder den Angriff "andauern" lassen? Der Angriff ist abgewehrt ! Du kannst dann auf ihn aufpassen so viel du willst, du "begehst" eine Körperverletzung, weil du damit keinerlei Rechtsgrundlage mehr für die Handfessel hast. Du bist eben kein Polizist. Und da du dich mit Wissen und Wollen dafür entscheidest, ihn trotz abgewehrtem Angriff die Fessel zu lassen, bist du mind. im bedingten Vorsatz drinnen. Stellt man jetzt den Kausalzusammenhang zwischen dem Tod und der Körperverletzung her, hast du den TB der Körperverletzung mit Todesfolge erfüllt.


    Rechtsicherheit? Nicht einmal ein Polizist hat die jederzeit. Wenn dem so wäre, bräuchten wir keine Anwälte.


    Die Thematik ist manchmal schon etwas komplzierter als man so beim 34a mit auf den Weg bekommt...und deshalb eben schon: lieber nicht nach der Ausnahme gehandelt und dafür falsch,aber straffrei

    Die beste Möglichkeit, seine Träume zu verwirklichen, ist aufzuwachen.

  • Zitat von "Lehrer51 Dürfen also Handschellen verwendet werden? Die Antwort ist ein klares „Jein[/b

    !


    Sorry, Herr Lehrer :D Ich würde sagen: die Antwort ist eindeutig 'Nein'! Nur in einem Ausnahmefall wie z.b.......und dann kann man das erläutern. Damit stellt man die ganze Sache wieder vom Kopf auf die Füße :)

    Die beste Möglichkeit, seine Träume zu verwirklichen, ist aufzuwachen.

  • Hallo Rolf, lass doch mal die Notwehr da raus, niemand darf in keinem Fall in Notwehr einen fesseln, hab ich auch nie behauptet!
    Fesseln funktioniert nur zum Zwecke des Eigenschutzes ( oder Schutzes Dritter) in Verbindung mit 127 StPO nicht anders,
    und es ist keine Ausnahme wenn man jemanden fesseln darf, sondern die Regel!!!
    Mein Beispiel mit dem Mörder war gut!


    Sorry, was ist der Unterschied zwischen der Erforderlichkeit der Abwehr und der Güterabwegung?
    Wenn du dir die Frage stellst: "war es erforderlich den Angreifer mit dem Messer niederzustechen obwohl er nicht bewaffnet war" fragst du dich ob die Verteidigung erforderlich war( s.o.)...aber man muss sich auch fragen ob das Mittel erforderlich war!!!
    Und beides zusammen ergibt die (Rechts-)Güterabwägung :wink:
    in Deutschland darf man nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen!
    wäre ja auch zu schön, spinn doch einfach mal weiter....jemand greift dich an. Du stellst dir nur die Frage ob eine Verteidigung erforderlich ist.
    Ergo könntest du ihn umbringen, damit der Angriff aufhört.
    Merkst du was??? Natürlich geht das nicht so!
    Du stellst dir also die Frage, ob es nicht auch reichen würde wenn du ihn eine klatscht und weitergehst. Und du merkst ja, so kann ich den Angriff schnell beenden :D
    Und in dem Moment hast du Rechtsgüter abgewägt.


    manchmal kommt man sich hier vor wie ein junger Vater, der immer wieder von seinem Kind gefragt wird"und dann??...warum??....und dann???


    Wenn ihr das mit der Abwägung nicht glaubt schnappt euch eure Advokard und lasst euch beraten:-)

  • Zitat von Braubundmadin

    Hallo Rolf, lass doch mal die Notwehr da raus, niemand darf in keinem Fall in Notwehr einen fesseln, hab ich auch nie behauptet!
    Fesseln funktioniert nur zum Zwecke des Eigenschutzes ( oder Schutzes Dritter) in Verbindung mit 127 StPO nicht anders,
    und es ist keine Ausnahme wenn man jemanden fesseln darf, sondern die Regel!!!
    -)


    Ich glaube, ich steige da jetzt aus der Diskussion aus. Ich bin jetzt über 25 Jahre in dem Beruf, war vorher Polizeibeamter. Meinen Meisterbrief habe ich auch in der Tasche und du erzählst mir jetzt, fesseln zu dürfen wäre die Regel und nicht die Ausnahme. -


    Wo bitte hast du das her? Wenn das deine MEINUNG ist, ok, aber ob die eben richtig ist, ist eine andere Sache.


    Seit wann bleibt die Notwehr bei der Fesselung draußen? Seit wann rechtfertigt ein Festhalten nach 127 (1) die Fesselung durch Private?
    Selbst wenn die Vorausetzungen des § 127 (1) StPO erfüllt sind, rechtfertigt dies keine Fesselung, wenn der Festgenommene sich passiv verhält. Sollte er allerdings Widerstand leisten wie z.B. um sich schlagen, sind wir mittendrin in der Notwehr durch einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff (§ 32 StGB). Dagegen wehre ich mich mit der "erforderlichen" Verteidigungshandlung. Das muss nicht unbedingt das mildeste MIttel sein, wenn ich die Erforderlichkeit prüfe. (Hat lehrer51 schon erläutert). Aber ich mache keine Güterabwägung.


    Seit wann gibt es bei der Notwehr eine Güterabwägung? Kollidieren da 2 Rechtsgüter wie im 34er ?


    Wo nimmst du deine ganzen Terminologien her?


    Ich lasse mich ja gerne "belehren", aber dann bitte mit eindeutig nachvollziehbaren und nachlesbaren Rechtsgrundlagen. Und ich lese jetzt nicht in irgendwelchen Dozentenunterlagen nach :wink:


    Sag mir einfach, wo das alles steht, was du behauptest und gut ist.

    Die beste Möglichkeit, seine Träume zu verwirklichen, ist aufzuwachen.

  • @ rolf0404


    Warum sorry?


    Eigentlich sind wir doch beide genau der gleichen Meinung:


    1. Im Rahmen von § 127 StPO sind Fesselung/Handschellen absolut (ohne jede Einschränkung) unzulässig.
    2. Setzt sich der Täter gegen die Vorläufige Festnahme zur Wehr, begeht er einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff, dann ist eine solche Maßnahme im Rahmen der Notwehr zulässig, aber nur wenn sie wirklich ERFORDELICH ist, also in Einzelfällen, die dann auch evt. vor Gericht zu begründen/belegen sind.

  • Also aus meinem Dienst am Gericht kann ich sagen, selbst ich als jemand der das Recht zum Unmittelbarenzwang hat. Wäre da ganz vorsichtig was die Fixierung durch Handfesseln in jeglicher Form angeht.


    Weil ich mal behaupte es kommt immer auf die Lage und Situation an und man muss sehr genau abwägen ob der Einsatz gerechtfertigt ist.


    Und das Polizeibeamte sagen die Fixierung war gerechtfertigt ist klar, weil die noch am meisten Verständnis haben für so ein vorgehen. Weil ein milderes Mittel zur eigen Sicherung gibt es ja nicht! Der tückische Schuft ist gesichert man kann besser auf jede Aktion reagieren sofern da überhaupt noch was kommt.


    Nur wichtig wenn ich soweit gehe, immer vor der Brust fesseln!!!!!

    ICH BIN NICHT ARROGANT...ICH KANN LEDIGLICH SCHLECHT VERBERGEN, WENN ICH JEMANDEN FÜR MÄßIG INTELLIGENT & TALENTIERT HALTE!!

  • Zitat

    lass doch mal die Notwehr da raus, niemand darf in keinem Fall in Notwehr einen fesseln, hab ich auch nie behauptet!


    Das ist ja dein Problem. Wenn überhaupt, dann nur aufgrund der Notwehr.


    Es gibt keinen (Jedermanns)Paragraphen der vorbeugenden Selbstschutz oder die Anwendung unmittelbaren Zwanges rechtfertigt.


    Zitat

    Nun würde mich mal ein Beispiel interessieren das im Sicherheitsgewerbe so oft vorkommt, dass eugene das schon 1000 mal erlebt hat, wo eine Handschellen-Fixierung legitim war


    Du hast doch geschrieben: "Also hält man ihn nach 127 StPO fest. Sollte dies aber eine Gefahr für leib und Leben darstellen( er versucht wiederholt die Familienjuwelen zu zerqutschen...oder denkt er wäre Mike Tyson und schnapt immer wieder nach den Ohren) kann man ihn fesseln..."


    Ich habe geschrieben: "Und deshalb ist solche senfige Halbwissensrabulistik wie deine brandgefährlich, denn es konnte Leser geben die tatsächlich deine - tatsächliche, unter Umständen mögliche - Ausnahme ... als Regel nehmen."


    Was mich zu einem interessanten Punkt kommen lässt:


    Zitat von Lehrer51

    Körperverletzung ist und bleibt ein Begehungsdelikt!


    Richtig! Die KV ist ein Begehungsdelikt nach § 223ff. StGB. Aber die Handschellen sind nicht angelegt worden um die Körperverletzung zu begehen. Vielmehr liegt eine unterlassene Hilfeleistung als echtes Unterlassungsdelikt nach §323c StGB vor (nur um den Bezug nicht zu verlieren, Braubundmadin versuchte mit der Aussage zu brillieren: "... das wenn man jemanden fesselt sich in eine Garantenstellung begibt! Das heißt wenn ich einen betrunkenen fessle muss ich wohl darauf achten dass er nicht an seinem Erbrochenen stirbt.")

    --
    Trotz markiger Erklärungen produzieren wir wenig Sicherheit und viel Sicherheitsmarketing, das bestenfalls Passagiere in Flugzeugen und Besucher von Massenveranstaltungen beruhigt.


    Dagobert Lindlau