Verdeckte GPS-Überwachung durch Detektei ist eine Strafat

  • Verdeckte GPS-Überwachung durch eine Detektei ist eine Straftat


    Das Landgericht Lüneburg (26 Qs 45/11, zu finden u.a. in NJW 30/2011, S.2225ff.) hat sich mit der Überwachung eines Betroffenen durch eine Detektei (“Privatdetektiv”) beschäftigt. Hier wurde am PKW des Überwachten ein GPS-Sender angebracht und ein Bewegungsprofil erstellt. Das LG Lüneburg kommt im Ergebnis zu der – m.E. richtigen – Auffassung, dass hier eine unerlaubte Datenverarbeitung erfolgt ist, die nach dem Bundesdatenschutzgesetz unter Strafe (nicht: Bussgeld!) steht. Die Anwendung des §29 BDSG (geschäftsmäßige Datenerhebung zum Zwecke der Übermittlung) lehnt das Landgericht richtigerweise damit ab, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an den Daten eines solchen Bewegungsprofils hat und dies auch im Vergleich mit den “Ermittlungsinteressen” eines Dritten überwiegt.


    Was bedeutet das? Zum einen, dass Privatdetektive im privatrechtlichen Bereich nicht mehr “einfach so” eine GPS-Überwachung von Betroffenen ohne deren Kenntnis vornehmen dürfen, wenn die Entscheidung aus Lüneburg Schule macht (was m.E. zu erwarten ist). Neben der Strafbarkeit der handelnden Personen dürften dazu empfindliche Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche treten.


    Es gibt aber noch einen zweiten Aspekt – RA Prof. Dr. Ernst verweist in einer Anmerkung zu der Entscheidung richtigerweise darauf, dass zahlreiche Detekteien offen damit werben, so zu Ermitteln. Das Problem ist, dass hier mit einem verbotenen Verhalten geworben wird, somit wettbewerbsrechtliche Aspekte eine Rolle spielen können. Sofern man in den entsprechenden Regelungen des BDSG eine das marktverhalten regelnde Norm erkennt, wären zumindest Abmahnungen von Mitbewerbern nach §4 Nr.11 UWG möglich (so auch Ernst in der NJW).


    Detekteien sollten insofern unverzüglich ihre Werbemaßnahmen sowie “Ermittlungsmaßnahmen” auf den Prüfstand stellen und entsprechende Vorsorge treffen. Andernfalls droht ggfs. in naher Zukunft ein “böses Erwachen”.


    Hinweis: Neben dem privatrechtlichen Handeln steht das Handeln von Ermittlungsbehörden, wobei das BVerfG (2 BvR 581/01, bestätigt vom EGMR) die grundsätzliche Zulässigkeit dieser Ermittlungsmaßnahme im Rahmen der StPO bejaht hat. Allerdings muss dabei gesehen werden, dass die Regelungen der StPO nichts mit Privatdetektiven im privaten Rechtsverkehr zu tun hat – und dass das BVerfG selbst bei staatlichen Ermittlungsbehörden eine Einschränkung auf “schwerste Verbrechen” vorgenommen hat. Die Überwachung des vermeintlich untreuen Ehepartners wird da schwerlich zu vergleichen sein.


    Quelle: http://www.ferner-alsdorf.de/2…chtsanwalt/verkehrsrecht/

  • Die Entscheidung war zu erwarten. Das Urteil folgt nur bereits erfolgter Rechtsprechung und bestätigt diese nur.

  • War zu erwarten.
    Ich würde da auch nicht viel Wert drauf legen, dass sollten eher die Spezialisten tun, die immer obsen oder den Datenschutz mit Füßen treten...


    Je nach Vorgang, würde ich auch zukünftig verdeckte Technik verbauen.

  • Zitat von stinkefuchs

    Je nach Vorgang, würde ich auch zukünftig verdeckte Technik verbauen.


    Das ist der springende Punkt, genau da drauf kommt es eben an.

  • Eben.


    Ich muss kein Prophet sein, um zu wissen, wieviele ehrlich arbeitenden Kollegen sich ins Fäustchen lachen, wenn diese ganzen "Spezialagenten" sich dadurch selbst ins Abseit katapultieren...
    Wenn ich ehrlich bin, freut es mich sogar, dass sich da mal einer drum gekümmert hat.


    Es gibt weiterhin genug Möglichkeiten, bei einem berechtigten Interesse (was viele auch nicht wirklich hinterfragen) solche Gerätschaften zum Einsatz zu bringen.


    Wer sein Handwerk versteht, macht es weiterhin - unabhängig von diesem Urteil.


    Das BDSG ist eigentlich ´ne tolle Geschichte, sofern es beachtet und respektiert wird.
    Ich möchte nicht, dass irgendein Hinterhof-Geheimagent mit Micky-Maus-Detektivausweis Haftmasse ohne Ende verballert.


    Die sollen erstmal die Grundlagen ihrer Tätigkeit erkennen und sich an Spielregeln halten.
    Ich sage damit nicht, dass ich keine Grauzonen ausnutze oder mir noch nie Informationen von "befreundeten" Beamten verschiedenster Dienststellen organisiert habe - ich hab aber am Kunden immer transparent gearbeitet und brauchte mir noch nie von Richtern doofe Fragen stellen lassen. Wenn mal gebohrt wurde, wusste ich damit umzugehen.


    Ich bezweifel aber ganz stark, dass die ganze "ich-hol-mir-mal-schnell-eine-GewA1-Fraktion" überhaupt weiß, was sie da tut. Wegen solchen Helden werden solche Verfahren geführt.

  • Zitat von stinkefuchs

    Das BDSG ist eigentlich ´ne tolle Geschichte, sofern es beachtet und respektiert wird.


    Vollkommen unabhängig vom Thema hier:
    Zeigt mir das Unternehmen, gerade auch im Bewachungsgewerbe, das hier vollständig BDSG-konform arbeitet.
    Ich kenne keins - uns eingeschlossen.


    Da geht es zwar meist nur um "Kleinigkeiten", aber trotzdem... aus Sicht des Betroffenen ist das vielleicht keine Kleinigkeit mehr.

    "Was ich anpacke, klappt immer..... ...manchmal
    Mike Lowrey - Bad Boys


    Team_Signatur

  • Bei solchen Gerichtsurteilen ist es wichtig, zwischen den Zeilen zu lesen. So steht im Urteil Zitat: ....GPS-Sender angebracht und ein Bewegungsprofil erstellt. ....dass hier eine unerlaubte Datenverarbeitung erfolgt. Alle Nutzer der Technik sollten sich hier im Klaren sein, was unter einem Bewegungsprofil verstanden wird.


    LS

    Ich lebe zwar stark über meine Verhältnisse, aber immer noch weit unter meinem Niveau!

  • Naja, wenn ich mir mal Spesen- und Arbeitszeitbetrug eines Außendienstlers als möglichen Vorwurf durch den Kopf gehen lasse, könnte ein "Bewegungsprofil" durchaus notwendig sein...


    Es ist immer die Frage, was man mit den Daten vorhat - deshalb ja auch der Hinweis auf die Spezialisten, die bei Allerweltsermittlungen als erste Option eine Obs anbieten... :roll:

  • Zitat von Locationscout

    Bei solchen Gerichtsurteilen ist es wichtig, zwischen den Zeilen zu lesen.
    LS


    So ist es.


    Daher war dieses Urteil so zu erwarten. Wurde schon x-mal so entschieden und ist h. M. sowie derzeit praktizierte Rechtsprechung. Lediglich von einer Strafanzeige des LDS höre ich zum ersten Mal. Doch auch das war nur eine Frage der Zeit.


    Ich habe schon x-mal die ausufernde Handhabung dieser Mittel angeprangert. Auch in einem anderen Forum. Wir tun uns damit selbst keinen Gefallen. Da aber bereits viele (vermeintliche!) Kollegen Probleme mit dem Begriff "berechtigtes Interesse" haben, wird es auch in Zukunft solche Verfahren geben.

  • Es steht in keinem Gesetz klar geregelt das es verboten ist. Sich auf Gerichtsurteile zu berufen, heißt auch noch lange nicht das es verboten ist. Man sollte es als letzte Wahl und im Verhältnis stehend zum Auftrag einsetzen. Notfalls sollte man es, wenn es der Kunde unbedingt wünscht, von ihm selbst anbringen lassen (wenn es möglich ist). Hört sich zwar doof an, kann mir aber ne menge Ärger vom Hals halten.

  • Es geht nicht darum, wer es anbringt, sondern um die Datenverarbeitung und -auswertung.

    Ich lebe zwar stark über meine Verhältnisse, aber immer noch weit unter meinem Niveau!

  • Genauer gesagt geht es zunächst um die Datenerhebung.
    Verarbeitung und Nutzung (=Auswertung) kommt erst später.

    "Was ich anpacke, klappt immer..... ...manchmal
    Mike Lowrey - Bad Boys


    Team_Signatur

  • Zitat von guardian_bw


    Zeigt mir das Unternehmen, gerade auch im Bewachungsgewerbe, das hier vollständig BDSG-konform arbeitet.
    Ich kenne keins - uns eingeschlossen.


    Wenn man folgert, dass Urteile, die von höheren Instanzen gekappt werden in den unteren Instanzen rechtswidrig waren, dann arbeiten wohl auch Richter nicht ganz gesetzeskonform :wink:

  • Wenn du Rechtsfehler in Urteilen mit Rechtswidrigkeit gleichsetzen willst, ist das wohl so.


    Allerdings fehlt mir hier der Bezug zum Thema "Datenschutz".

    "Was ich anpacke, klappt immer..... ...manchmal
    Mike Lowrey - Bad Boys


    Team_Signatur

  • Das Thema geht nun in eine neue, wahrscheinlich entscheidende Runde.


    Die Angeklagten, ein angestellter Detektiv einer Mannheimer Detektei sowie der Inhaber dieser Detektei, haben gegen eine Entscheidung des LG Mannheim (Az.: 4 KLs 408 Js 27973/08) Revision eingelegt.


    Nun hat der Bundesgerichtshof zu entscheiden. Dort wird das Verfahren unter dem Aktenzeichen 1 StR 32/13 geführt.


    Eine erste mündliche Verhandlung ist für den 4. Juni 2013 anberaumt. Es wird erwartet, dass die Entscheidung des BGH als Grundsatzurteil auch auf weitere und zukünftige Verfahren Auswirkungen haben wird.


    Ihre Adecta Wirtschaftsdetektei & Observationsdienst
    http://www.adecta.de

  • Vielleicht sollte man da mal etwas mehr Futter geben - beispielsweise, dass die Angeklagten nicht zum ersten Mal das BDSG mit Füßen getreten haben sollen und dafür bereits zu Bewährungsstrafen verurteilt wurden...


    Ich verweise mal auf die Aussagen auf Seite 1 dieses Threads, gerade was die professionelle Arbeit betrifft...

  • Zitat von SecurServe

    Richtig so! Das berechtigte Interesse muss den Einsatz rechtfertigen.


    Das Problem liegt zum einen in der Technik selbst. Denn solange eine Totalüberwachung möglich ist, ist auch ein Verstoß gegen das BDSG nicht ausgeschlossen. Demzufolge ist verständlich, dass deutsche Gerichte dieser Rechtsauffassung folgen.


    Zum anderen sind die "schwarzen Schafe" der Branche das Problem. Ein Privatdetektiv, der für die Überwachung eines Beziehungspartners ein GPS-System zum Einsatz bringt, hat das Problem nicht verstanden. Leider ist das aber die Regel. Denn die wenigsten Kollegen sind wirklich in der Lage, Observationen ohne Technikeinsatz zu meistern. Das Handwerk muss eben dann doch gelernt sein.


    Nachdem selbst die Polizei für den Einsatz von GPS-Ortungstechnik einen richterlichen Beschluss benötigt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich der BGH auf die Seite der Privatermittler stellt, und damit dem Mißbrauch Tür und Tor öffnet.

  • Zitat von adecta


    Zum anderen sind die "schwarzen Schafe" der Branche das Problem. Ein Privatdetektiv, der für die Überwachung eines Beziehungspartners ein GPS-System zum Einsatz bringt, hat das Problem nicht verstanden. Leider ist das aber die Regel. Denn die wenigsten Kollegen sind wirklich in der Lage, Observationen ohne Technikeinsatz zu meistern. Das Handwerk muss eben dann doch gelernt sein.


    Große Worte Adecta. Leider kann ich aber die Qualität deiner Beiträge aufgrund der nicht vorhandenen Vorstellung nicht so richtig einschätzen. Würde mich schon interessieren, woher du dein Handwerk so gelernt hast. Trotzdem von meiner Seite aus die Glückwünsche zu deinen Privatkunden die sich bei "Beziehungsproblemen" ein ganzes Obs-Team leisten.


    LS

    Ich lebe zwar stark über meine Verhältnisse, aber immer noch weit unter meinem Niveau!

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