Femen Aktivistinnen fixieren, welche Rechtsgrundlage?

    • Erster Beitrag

    Moin,


    man sieht es ja in letzter Zeit häufiger. Die Femen Aktivistinnen stürmen irgend eine Veranstaltung, brüllen Parolen, tun aber keinem was zu leide. Dann kommt die Security und schmeißt sich heldenhaft drauf, schmeißt die Mädels raus und dort werden sie bis die Polizei kommt fixiert...


    Rechtsgrundlage? Vorläufige Festnahme weil nicht identifiziert Hausfriedensbruch als Straftat oder wie?


    Soweit ich weiß (Ich kann mich auch komplett täuschen), darf ein Türsteher einer Disko, nicht mal jemanden gewaltsam raus werfen, sofern der Gast keine Gefahr für sich oder Andere darstellt und sich einfach nur weigert zu gehen, da muss dann die Polizei das Hausrecht durch setzen. Dass es anders gehandhabt wird ist mir auch klar. :mrgreen:


    Nur bei den Auftritten dieser Femengruppe ist ja eine Kamera dabei, da wäre doch falsches Verhalten nicht wirklich von Vorteil?


    Liebe Grüße
    Danny

  • Ich wollte mich ja eigentlich raushalten, lese aber immer noch interessiert mit. Nun, auf den Beitrag von Zeitwesen mit Blick auf das Versammlungsrecht, der wohl auch auf das Fraport-Urteil abzielt, habe ich mich auch über die Suchmaschinen mit der Sache beschäftigt. Im Fraport-Urteil heisst es hierbei:


    "Wenn heute die Kommunikationsfunktion der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze zunehmend durch weitere Foren wie Einkaufszentren, Ladenpassagen oder sonstige Begegnungsstätten ergänzt wird, kann die Versammlungsfreiheit für die Verkehrsflächen solcher Einrichtungen nicht ausgenommen werden, soweit eine unmittelbare Grundrechtsbindung besteht oder Private im Wege der mittelbaren Drittwirkung in Anspruch genommen werden können." (2)


    Quelle: BVG , lesenswert zum Thema ab Randziffer 68. Es wird hier auch eindeutig von "Foren" gesprochen, welche mehrheitlich in privater Hand sind. Kommentare anderer Institutionen zum Urteil gehen in die gleiche Richtung. Eine Versammlung in einem mehrheitlich in privater Hand befindlichen EKZ ist wohl zu erdulden.


    Ob die Feministinnen jedoch den Schutz des Versammlungsrechtes genießen, wage ich zu bezweifeln. Das dürfte eine enge Kiste werden. Ohnehin treten sie ja überwiegend bei Veranstaltungen auf, wo das Hausrecht ziemlich eindeutig geregelt ist. Ich denke, früher oder später werden wir hierzu von einem Gericht aufgeklärt werden.

  • Zitat von Wolperdinger

    "Wenn heute die Kommunikationsfunktion der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze zunehmend durch weitere Foren wie Einkaufszentren, Ladenpassagen oder sonstige Begegnungsstätten ergänzt wird, kann die Versammlungsfreiheit für die Verkehrsflächen solcher Einrichtungen nicht ausgenommen werden, soweit eine unmittelbare Grundrechtsbindung besteht oder Private im Wege der mittelbaren Drittwirkung in Anspruch genommen werden können." (2)


    Wichtig hierbei ist:
    "soweit eine unmittelbare Grundrechtsbindung besteht oder Private im Wege der mittelbaren Drittwirkung in Anspruch genommen werden können".


    Unmittelbare Grundrechtsbindung scheidet bei reinen Privaten schon mal aus.
    Was bleibt ist die mittelbare Drittwirkung - und daran scheitert es beim rein privaten Hausrechtsbereich in der Regel. Niemand muß in seinem eigenen, rein privaten Hausrechtsbereich Dinge von Dritten dulden, die er nicht will.

    "Was ich anpacke, klappt immer..... ...manchmal
    Mike Lowrey - Bad Boys


    Team_Signatur

  • Kenn ich. Und weiter? Kommt da auch noch etwas mit Substanz?


    Sagt mir das Urteil des BVerfG nun, dass ich in meinem privaten Hausrechtsbereich Versammlungen irgendwelcher mir unbekannter Dritter zu erdulden habe?

    "Was ich anpacke, klappt immer..... ...manchmal
    Mike Lowrey - Bad Boys


    Team_Signatur

  • Guardian
    Exakt. Auf der anderen Seite der Eingangstür zum Geschäft ist Schluß mit Versammlungsfreiheit.


    steroider
    Ich weiß nicht, warum du das Lüth Urteil immer zitierst. Ich glaub du verwechselst da was.

  • Hallo,


    mit meiner Abhandlung zur Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 GG wollte ich keine Super-Diskussion entfachen.
    Eine entsprechende Versammlung zu definieren bzw. festzustellen ist ja nicht Aufgabe des Bürgers. Bei einer amtlich festgestellten Versammlung gem. Art. 8 GG in einem privat geführten EKZ findet die sog.
    Grundrechtskollision zweiter Parteien statt.
    Versammlungsteilnehmer (Art. 8 GG) <--> Privater Geschäfts- und/oder Hausrechtsträger (Art. 2 GG)


    Frei nach dem Grundsatz " im Zweifel für das Kollektivgrundrecht" würde ich hier als Einsatzleiter der Polizei den Versammlungsteilnehmern einen grössere Bedeutung einräumen.
    Aber auch das Grundrecht des Geschäftsinhabers nach Art. 2 GG muss vom Staat gewährt werden.


    Hier ist eine zeitliche Begrenzung für die Versammlung in den privaten Geschäftsräumen vorerst gegeben und erfährt Vorrang.


    Ob ein Gericht das später bestätigt oder kippt, ist mir zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt egal.


    --> ein Privater kann diese Damen auch vor die Tür setzen, da er ja keine Versammlung feststellen muss/kann.
    --> wird aber von Amtswegen eine Versammlung nach Art. 8 GG festgestellt, geniesst diese Versammlung entsprechenden Schutz und geniesst Verfassungsrang.


    Schönen Wochenenstart
    Ciao
    Zeitwesen


  • Strafrechtlich mag dies unerheblich sein. Ohnehin werden die Femen eine solche "Versammlung" kaum anmelden. Auch denke ich nicht, daß eine solche "Versammlung" Verfassungsrang genießt.
    Jedoch sollte im Nachgang tatsächlich ein Gericht die Rechtmäßigkeit, insbesondere die Pflicht zur Duldung bestätigen, sehe ich Schadenersatzforderungen im Raum.

  • Hallo User,


    hier noch ein kleiner Nachtrag:


    Ab dem Zeitpunkt der Versammlungsfeststellung gem. Art.8 GG geniesst diese Versammlung (und der Begriff ist dann fixiert) Grundrechtsschutz durch den Staat!!
    Eine persönliche Bewertung der Versammlung, insbesondere die Art und Weise des kollekiven Ausdruckswillen ist nicht zulässig (ist auch gut so).
    So lange diese festgestellte Versammlung friedlich verläuft, ist diese auch "Polizeifest"! Ausschluß von Versammlungsteilnehmern NUR nach VersG. (Dort sind Gefahrenabwehrende §§ genannt)
    Aber fast jede grössere Versammlung wird im nachhinein richterlich geprüft und bewertet.
    Aber mit dem Grundsatz " Im Zweifel für die Versammlungsfreiheit" bin ich stets gut gefahren.
    (siehe auch sog. Sitzblockaden auf Straßen = Art.8 GG (Demonstranten) <-->Art.2 GG (z.B. Verkehrsteilnehmer)
    Aber das nur mal am Rande


    Ciao

  • Da es hier aber um Femen geht und die sich nicht anmelden fliegen die erst mal raus. Und wie schon mehrmals dargelegt, kann ich mir auch nicht vorstellen, daß ein Gericht eine solche Femen-Aktion als Versammlung klassifiziert.

  • Moin,


    man sollte dennoch mal über den Tellerrand schauen, denn es gibt links und rechts vom 34a noch viele Normen....
    Dem 34a ler mache ich überhaubt keinen Vorwurf, er/sie kann es ja nicht besser wissen.
    Wünsche Euch noch einen schönen Tag


    Zeitwesen

  • Dann komm mal auf den Punkt, wie Du eine Betriebsstörung in einem Wirtschaftsbereich mit einer "rechtmäßigen Versammlung" kombinieren kannst.


    Mich würde freuen, wenn wir dazu mal das Beispiel "Modenschau im EKZ" nutzen.


    Hier kommt Bekleidungsgeschäft "Müller" auf die Idee, eine Nutzfläche des privatwirtschaftlich betriebenen Centers für diese Modenschau zu nutzen und zahlt für diese Sondernutzung vielleicht sogar eine definierte Summe Geld.


    Modenschau läuft, Sitzplätze voll besetzt, Stehplätze um die Bühne gibt es auch kaum noch.


    Femen-Aktivistinnen kommen und ziehen erst blank und dann ihr Programm durch.


    Und jetzt?

  • Sie ist es.... ob es zur Anzeige gebracht wird ist auf einem anderem Blatt.... und ob es Rechtfertigungsgründe gab wird an andere Stelle entschieden/bewertet. Wende ich aktiv körperliche Gewalt bei der Durchsetzung meines Hausrechts ein, begehe ich grundsätzlich schon mal eine Körperverletzung... soweit so gut, sofern hier alles verhältnismäßig ist und nicht im direkten Kontrast zu etwas steht, zum Beispiel Verrammlung inkl namentlich benannten Versammlungsleiter... da sollte ich vielleicht erst einmal das eintreffen der Polizei abwarten....


    Wer hier bei einer solchen Lage ohne Gefährdung/Widerstand direkt fixiert und möglichst noch Handfesseln anlegt, muss sich nicht wundern dann diversen Taten (Nötigung, KV/gKV, Freiheitsberaubung) beschuldigt zu werden und vor dem Richter recht dumm dazustehen

  • Zitat von steroider

    Zumindest kann die sofortige Gewaltanwendung bzw das Fixieren eine Körperverletzung darstellen.

    Wir drehen uns im Kreis!


    Wie isses denn bei sog. Flitzern im Stadion? Warum werden die nicht zu Boden geredet, sondern stumpf umgeflext?


    Mir is das irgendwie alles gerade etwas zu schwammig. Aus meiner Sicht kommen gerade überwiegend nur (noch) Phrasen - wobei das Wesentliche auch schon mehrfach gesagt wurde...

  • Hallo User,


    zu Stinkefuchs:
    Es gibt nichts "schwammigeres" als das Versammlungsrecht mit all seinen Facetten.... :)


    Zu dem konkreten Fall der Modeshow:
    --> Der Bürger/Privatperson kann selbverständlich die Mädels von der Bühne entfernen und das Hausrecht durchsetzen, da ja nicht der Bürger/Privatperson das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG gewähren muss, sonndern NUR der Staat gegeüber dem Grundrechtsträger. Dies gilt für alle Formen des Grundrechts (Freiheits-, Teilnahme-, und Abwehrrechte nach GG)
    Stellt aber "der Staat" eine Versammlung nach der gültigen Definition fest, sieht das etwas anders aus. (siehe auch Grundrechtskollision)
    Wenn die Polizei bei dieser Modeshow erscheint, dann sind die Mädels ja bereits von der Bühne entfernt worden.
    Ich würde wahrscheinlich nach Rücksprache mit allen Beteiligten wahrscheinlich eine Versammlungsaktivität nach Art. 8 GG feststellen.
    OK, die Mädels hatten bereits Ihre kollekitve Meinungsäusserung auf der Bühne, anschließend können Sie (wenn gewünscht) auf einem neutralen Platz (evtl. vor dem EKZ) Ihre Versammlung fortsetzen.
    Somit habe ich beiden Grundrechtsansprüchen (Art. 8 und 2 GG) gegenüber dem Staat genüge getan.


    Deshalb ist es einfacher, wenn eine entsprechende Versammlung angemeldet wird. So kann ich mit dem Verantwortlichen die ganzen Parameter im Vorfeld besprechen (Ort, Dauer, Inhalt, Zugweg, usw...).


    Rechtlich wäre ich auf der sicheren Seite, ein Gericht kann das natürlich ganz anders sehen.... :?


    Wahrscheinlich wird es in naher Zukunft ein Grundsatzurteil zu diesen ähnlich gelagerten Fällen geben.


    Bis Bald
    Ciao
    Zw

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