Haftbarkeit bei einer Gefahrenanalyse

  • Also wie genau sieht es jetzt aus mit der Haftbarkeit gegenüber dem AG und der BG wenn man selber eine "Mangelhafte" GA erstellt hat? Wobei Mangelhaft subjektiv ist. Wenn ich eine GA nach bestem Wissen und Gewissen erstellt habe aber trotzdem etwas passiert könnte es trotzdem so ausgelegt werden das ich der Schuldige bin.


    Aber meine Firma wird immer mit drin hängen oder?

  • Zunächst mal: Wie schon im anderen Thread geschrieben, eine wirklich umfassende Gefährdungsbeurteilung wird man nur im Ausnahmefall ohne tiefergehende Fachkenntnisse erstellen können. Diese Kenntnisse hat der durchschnittliche Siko nicht.
    Er wird also Hilfe benötigen. Diese Hilfe bekommt er bei der FASi und/oder dem Betriebsarzt.


    Mit dieser Zusammenarbeit hat man schon mal ein umfassendes Wissen rund um die möglichen Gefährdungen und Belastungen, die am Arbeitsplatz und während der Tätigkeit auftreten können.


    Um Missverständnissen vorzubeugen: FASi und Betriebsarzt sind grundsätzlich keine Freiwilligkeiten, das muss der Unternehmer beides haben.


    Zur Haftung:
    Es ist zu unterscheiden zwischen der straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Haftung, der zivilrechtlichen Haftung und zuguterletzt der arbeitsrechtlichen Haftung.


    Für die strafrechtliche (auch OWi) Haftung genügt grundsätzlich die einfache Fahrlässigkeit, um beim Verschulden eines Personenschadens durch eine falsche/nicht vorhandene bzw. ausreichende GB in Haftung genommen zu werden. Das kann im schlimmsten Fall Freiheitsstrafe bedeuten, wobei das bei einem fahrlässig verursachten Schaden durch eine falsche GB doch eher unwahrscheinlich ist.


    Für die zivilrechtliche Haftung (und damit wären wir dann auch beim Regress) brauchts dann schon mehr als die einfache Fahrlässigkeit, mindestens grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz.
    Wer nach bestem Wissen und Gewissen eine Gefährdungsbeurteilung erstellt und dabei etwas übersieht oder auch falsch bewertet, handelt nicht vorsätzlich. Wenn die falsche Risikobewertung entsprechend begründet wurde, kann in vielen Fällen sogar die grobe Fahrlässigkeit verneint werden.


    Arbeitsrechtlich kann der Arbeitgeber natürlich die komplette Palette versuchen. Angefangen von der Ermahnung, dann Abmahnung bis hin zur Verhaltensbedingten Kündigung. Ob er im Einzelfall damit durchkommen kann, entscheidet dann ggf. der Arbeitsrichter.


    Wichtig bei allem: Der Unternehmer trägt immer die endgültige Verantwortung. Wenn er delegiert, muss er gezielt delegieren, genaue Verantwortlichkeiten festlegen - nur innerhalb der festgelegten Verantwortung kann auch eine Haftung eintreten. Der Unternehmer hat auch mit der Delegation noch immer die Verantwortung in Sachen Organisation, Auswahl und Aufsicht.
    Bedeutet u.a., er muss dafür geeignetes Personal auswählen. Sprich: Die Person muss über eine entsprechende Fach- und Sachkunde verfügen.
    Bestimmt er einen einfachen Mitarbeiter ohne weitere Schulung und ausreichende Qualifikation dazu, eine GB zu erstellen, trifft ihn mindestens ein Auswahlverschulden. Und der Mitarbeiter an sich kann nix dazu, er weiss es ja nicht besser. Womit wir wieder beim bereits genannten Vorsatz bzw. der Fahrlässigkeit wären...

    "Was ich anpacke, klappt immer..... ...manchmal
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  • Hm dann kann man ja doch einigermaßen ruhig schlafen. Meine Befürchtung war eben das man sofern man es falsch einschätzt (z.B jemand ertrinkt in einem Löschteich - man selbst geht aber davon aus das jeder SMA Schwimmen kann) gewaltigen ärger bekommt. Aber jede mögliche Gefahr lässt sich sowieso nicht abschätzen und nur die mittleren bis hohen (Gefahren) gehören wirklich beseitigt.

  • Zitat von guardian_bw

    Für die strafrechtliche (auch OWi) Haftung genügt grundsätzlich die einfache Fahrlässigkeit, um beim Verschulden eines Personenschadens durch eine falsche/nicht vorhandene bzw. ausreichende GB in Haftung genommen zu werden. Das kann im schlimmsten Fall Freiheitsstrafe bedeuten, wobei das bei einem fahrlässig verursachten Schaden durch eine falsche GB doch eher unwahrscheinlich ist.


    Sorry, aber artet eine GB da nicht einfach aus, wenn man alle möglichen Gefahren berücksichtigen will um auf der sicheren Seite zu sein. z.B. Gefahr: Meteoriteneinschlag - Ist unwahrscheinlich, aber in Chelyabinsk dann doch passiert.

  • Wie bereits gesagt sollte man bei einer GA "Realistisch" bleiben. Man sieht ja an Deutschen Gesetzen was bei raus kommt wenn man versucht ALLE möglichen Situationen zu berücksichtigen...

  • D_R,
    Deinen Meteoriteneinschlag kann man schlecht vorhersehen und muss ihn auch nicht wirklich in der GB berücksichtigen.
    An den Löschteich von kampfkraut sollte man schon eher denken, wenn so was auf dem Gelände ist.

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  • Hm Also meiner Meinung nach wäre ertrinken im Löschteich eine "Mittlere" Gefahr. Eintrittswahrscheinlichkeit gegen 0. Aber wenn man absäuft halt Tod....diese extremen Folgen verhageln einem die ganze "Statistik".... :?

  • Andererseits wenn das Gelände nachts bestreift wird und dem SMA in der Neumondnacht die Batterien leergehen (wer noch ne non-LED Lampe wie die alten Maglite's mitschleppt erlebt das wöchentlich) dann steigt halt die Wahrscheinlichkeit schon schnell an.. Und dann gibts halt viele Möglichkeiten von PSA (wie Schwimmweste) und Schwimmkurse als personenbezogene (also schlechteste) Maßnahmen, bis hin zur Überbauung (aus Teich mach Zisterne) oder wenigstens nem Geländer als technische Lösung.. und ja, sowas gehört in ne Gefährdungsbeurteilung schon rein. Letzten Endes alles was irgendwie nicht völlig abwegig ist (also keine Meteoriten). Aber wenn in nem Park gearbeitet wird sollte man auch mal nen herabfallenden Ast bedenken, draussen kann man krank werden (nicht nur wenn man im Winter in nen Löschteich fällt und schwimmen kann), wer mit vielen Menschen Kontakt hat, hat nen erhöhten Keimdruck auszuhalten, bei Nacht/Wechsel/Wochenendschichten sollten die psychischen Belastungen unbedingt rein usw.. Aber das nur zur Beurteilung, zur HAftbarkeit wurde längst alles sehr gut und ausführlich gesagt!

  • Ich verstehe aber trotzdem nicht, was es für einen Sinn macht, an alles Mögliche zu denken. Speziell im GWT-Bereich haben wir nur Einfluss auf das, was auf unserer Seite passiert. Wenn jetzt im Supermarkt da irgendwelche Handwerker zu Gange sind, kann der vorgesetzte ja nicht jeden Tag kontrollieren kommen und die Gefährdungsbeurteilung anpassen.


    Dann nehmen wir mal ein Beispiel, das letztens in einem Unternehmen hier vor Ort passiert ist. Es ist gerade die erste Woche eines jungen Mitarbeiters. Der Mitarbeiter ist gerade dabei, Geld in ein Supermarkt zu bringen. Packt das Geld in den P-Behälter rein, CG-SAFO ETS dran und geht aus dem Panzer. Hinter ihm schließt er natürlich die Tür. Auf einmal geht die ETS los. Der Mitarbeiter rennt zum Panzer um die ETS wieder zu entsichern, doch die elektrische Tür öffnet sich nur langsam. Er springt rein, drückt auf dem Knopf um die Tür hinter sich zu zu machen. Auf einmal zündet die ETS und die Schleuse füllt sich mit Rauch. Der Mitarbeiter springt wieder aus dem Panzer raus, als er draußen ist, merkt er, dass die ETS immer noch an seinem Gürtel befestigt ist und will den P-Behälter rausziehen. Die Tür schließt sich währenddessen immer weiter. Er zieht am P-Behälter doch er verklemmt sich in der Tür. Der Mitarbeiter zieht kräftig weiter und zieht tatsächlich den P-Behälter raus. Dummerweise kommt die Seitentür des Panzers hinterher. Und so steht der Mitarbeiter neben dem Panzer ohne Seitentür mit rauchender und piepsender ETS.


    So ist keinem etwas passiert. Nur hat sich der Mitarbeiter dann für 4 Wochen krankgemeldet, weil er nicht arbeiten konnte. Er hatte Angst, ihm genau das gleiche wieder passiert. Das war für ihn eine psychische Belastung. Aber sorry, genau an den Scheiß hätte ich nie in meinem Leben gedacht.

  • Ich denke darum geht es ja. Von einem SIKO kann man nun mal nicht erwarten das "unvorstellbare" zu erwarten... Man kann eine GA auch auf 3 DIN4 Seiten zu je 5 Punkten packen - selbst wenn man in einem Objekt arbeitet in dem 1000 Leute arbeiten. Solange die "größten" Gefahrenstellen beschrieben sind und man auch versucht diese abzustellen - solange wird die BG wohl auch keinen Stress machen. Denke ich mal. Oder etwa doch?

  • Zitat von D_R

    Aber sorry, genau an den Scheiß hätte ich nie in meinem Leben gedacht.


    Genau das kann auch ein Problem der "Betriebsblindheit" sein.
    Deshalb empfiehlt es sich ja auch, gerade wenn man keine oder nur wenig Erfahrung und Wissen in dem Bereich Gefährdungsbeurteilung hat, mit der FASi zusammenzuarbeiten.


    Wer als Unternehmer keine Ahnung vom Erstellen der Beurteilung der Arbeitsbedingungen hat, und es trotzdem ohne Hilfe seiner FASi macht oder machen will, der handelt eindeutig fahrlässig.


    Ach ja, gerade auf das ETS sollte in der Gefährdungsbeurteilung ausgiebig eingegangen werden, bietet es doch gleich mehrfach Möglichkeiten der Gefährdung oder Belastung für die Mitarbeiter.

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