Berliner Polizei muß sich selbst bewachen, oh Gott

  • Hier der Artikel beim BDSW Link

    Tragisch was?

    Wie sowas nur kommt, ich habe 26 Jahre die Polizei Niedersachsen bewacht, von Januar 1994 bis Februar 2021.

    Am Anfang war es sogar recht gut bezahlt, ich hatte im Herbst 1993 gerade Zeit, weil die große AG für die ich vorher in einem Just in Time Lager für VW Baunatal gearbeitet habe als Kranführer 100 to Brückenkrane und LKW Fahrer, im Zuge der damaligen Kurzarbeit bei VW, die DDR hatte mittlerweile VW genug, Geld hatten sie keins mehr, also oh Wunder Absatzeinbruch bei VW.

    Dann mußten bei uns auch Leute gehen, wie immer die Junggsellen zuerst. In meiner Schicht gab es zwei, ich war 34 und der andere 51, also traf es mich.

    So wie immer.

    Dann las ich eine Stellenanzeige Wachmann für die Landespolizeischule Niedersachsen gesucht, dachte ich mir, interessiert mich.

    Wollte immer schon mal wissen wie es bei der Polizei so ist,

    Da es damals nur um Nachtbewachung ging, 22 Uhr bis 06:00 Uhr, ich nur nachts arbeiten wollte, dachte ich mir sehe ich mir den Kram mal an.

    So bis April, dann fahre ich wieder mit irgendeinem Sattelzug irgendwohin.

    Okay, Nachtschicht nur, perfekt, 10,67 DM je Stunde und 2,50 DM steuerfrei je Stunde. Echt die ganzen 8 Stunden, nicht die Verarsche erst ab 23 Uhr wie jetzt. Familienunternehmen in Göttingen, Vater und Sohn, Vater war mal bei der Kripo, direkt nach dem Krieg.

    .

    Okay, erst muß man polizeilich überprüft werden, nicht Führungszeugnis. Die haben andere Daten, Verkehrsverstöße wie mal Führerschein versoffen zählen nicht, Glück gehabt in meinem Fall. :)

    Aber Teilnahme an Demos und so geht nicht. Die haben alles von Kindheit an, da gibt es auch keine Sperren.


    Dahin gekommen 3. Januar 94, 2 Mann je Nacht von uns, ein Polizeibeamter der uns über den Job informiert hat, der war die ersten 6 Wochen jede Nacht bei uns.

    Hat uns alles beigebracht, es gab Polizeifunk in der Wache, 2m und 4m, ganz interessant. Man kennt ja die ganzen Leute in einer Kleinstadt.

    Es gab auch einen polizeilichen Fernseher,anfangs Kabel, später Satellit, einen Videorekorder, also alles perfekt. Kleine Küche im Aufenthaltsraum der Wache, alles sehr schön.

    Dachte hier kann ich es aushalten, vorher waren je Nacht ein Leitender Beamter zuhause, ein Beamter vom Dienst, sowie 6 Polizeischüler für die Bewachung der nicht ganz kleinen Liegenschaft zuständig.

    Dann wurden wir eingewiesen, Sondernetz der Polizei, Telefonbuch der Polizei, Telegrafiekonzentrator, Telex, dies Ding mit den Lochstreifen.

    Wir gingen dann zu zweit alle 2 Stunden eine Runde, ist wie eine kleine Stadt, 1000 Polizeischüler wohnten zwangsweise in der Liegenschaft, dazu noch Fortbildungslehrgänge von bereits fertigen Polizeibeamten.

    War ordentlich was los, gab auch dort die üblichen Probleme, Alkohol, Ruhestörungen, Körperverletzung, 2 mal die Woche einen Notarzt nachts da, war normal.

    Die 6 Wochen Intensivausbildung endeten, wir kamen dann, Beamter vom Dienst war noch da, kurze Lagebesprechung, Beamter vom Dienst ging auf sein Zimmer, schlafen.

    War aber zu jeder Zeit für uns anrufbar, nicht Handy normales Telefon.

    Einer von uns war Diensthabender, blieb in der Wache, der andere ging auf Streife durch die Liegenschaft. 2m Handfunk dabei, Siemens Polizeifunkgerät mit dauernd leerem Akku.

    War stressig, waren ja noch Kinder die da ausgebildet wurden, teils erst 16 oder 17. Damals ging ja noch mittlerer Dienst, sogar Hauptschule.

    Das besserte sich erst so ein paar Jahre später, als Abitur oder Fachhochschulreife Pflicht waren.

    Viel Probleme mit Alkohol und Kinderkram eben, Messerstechereien, Schlägereien, gelockerte Radmuttern an PKW, Eifersuchtsscheiß. Eben Kinderkram.

    In den Weiber Etagen haben wir immer einen Feuerlöscheimer aus dem Treppenhaus durch den Flur geworfen, bevor wir die Etage betreten haben.

    Eimer werfen, der scheppert schön auf dem Steinboden, dazu laut rufen, Wache im Flur, 30 Sekunden.

    Bis dahin mußten die Weiber korrekt bekleidet sein, sonst Meldung an den Direktor.

    Kontrolle ruhender Verkehr, viel zu schreiben, Kontrolle Waffenkammer und Munitionsbunker, wir hatten auch die Waffe des Beamten vom Dienst in unserem Tresor in der Wache.

    Nervig, muß jedes Mal eingetragen werden, Munition zählen.

    So ging das bis 2000, Januar 2000 fand der Wechsel auf ein Mann Bewachung statt, Es wurden nur noch 2 Runden gegangen, eine zum Beginn der Schicht, eine bevor der Reinigungsdienst morgens kam.

    Am Wochenende und an Feiertagen machten wir dann 24 Stunden Bewachung, mein Kollege mit dem ich angefangen hatte, der hatte aufgehört.

    Ich bekam einen Frührentner, schwer Diabetes krank, für den waren 12 Stunden zuviel, Also habe ich ein Jahr alle Wochenenden und Feiertage 16 Stunden gearbeitet, dafür fast nicht mehr in der Woche.

    Hat sich finanziell gelohnt, gab 50 % Sonntags und 100% an Feiertagen.

    Am liebsten wäre ich gar nicht nach Hause gegangen, ich hatte ja alles, Fernsehen, Video, Kochgelegenheit, mein Notebook und später sogar Internetstick.

    Geld war auch gut und reichlich.

    Brauchte keinen Strom zuhause, kein Wasser, Dusche gab es natürlich auch da dienstlich. Ab und an mußte ich mal nch Hause wegen der Katzen, die fanden es aber auch gut ohne mich. :D

    Dann kam der Euro, 2002, der Seniorschef war 1998 gestorben, der Junior war schwer krank, Firma wurde durch die Schwester des Seniors übernommen, die hatte eine eigene Wachfirma.

    Die waren sich zeitlebens spinnefeind.

    Der Lohn für Januar2002 stimmte bei mir nicht, es fehlten etwa 400 Euro netto.

    Also mal angerufen bei Junior, ja das macht jetzt Firma xxx. Da mal anrufen.

    Gut okay, ja wir zahlen nicht 1,25 Euro je Nachtschichtstunden, wir zahlen 5% von 6,08 Euro ab 23 Uhr.

    Häh?

    Wann wurde das vereinbart? Gar nicht, ist so.

    War ich plötzlich in einer anderen Firma, soviel habe ich doch nicht gesoffen??

    War so, die Bude war ne Katastrophe, Aber ich bin immerhin noch 19 Jahre geblieben, nicht wegen denen, sondern wegen dem coolen Auftraggeber.

    Die waren immer fair, immer korrekt, uns gegenüber, hat Spaß gemacht da.

    Ich hatte jedes Jahr zwischen 3300 und 3500 Arbeitsstunden, als Objektleiter muß man auch Ausfälle abarbeiten.

    Deshalb wurde ich da Objektleiter, natürlich ohne einen Cent mehr von der Firma zu bekommen, Dienstpläne machen, Vertretungen besorgen,

    Ich erinnere mich noch, 2010 wir waren immer noch bei 6,08 Euro, habe ich mal wegen einer Lohnerhöhung angefragt, ich mache ja den ganzen Job, was normalerweise ein Einsatzleiter macht.

    Kontakt zum Auftraggeber, Wünsche weiterleiten und umsetzen, ohne jede Unterstützung der Firma,

    Es gab ein offizelles Schreiben, meine Kollegen und ich bekamen ab da 6,10 Euro. Ich war nie krank, habe keinen Fehltag gehabt,

    So läuft das eben.

    Und ich bin noch 11 Jahre gebleiben, 2020 war die Bude endlich pleite, im Mai.

    Im August habe ich die Polizeikademie informiert, wir haben keine Leute mehr, wir sind noch 2 einsatzfähige Leute für 24 Stunden Schichten,

    Ich stelle meine Arbeit Mitte August ein, mit 2 Leuten 806 Stunden abdecken monatlich geht wirklich nicht. 684 haben wir geschafft.

    Dann kam eine neue Firma, Notvergabe 6 Monate, die zahlten über Mindestlohn.

    Wurden aber bei der Neuausschreibung nicht berücksichtigt, zu teuer.

    Dann bin ich auch gegangen, für die nächste Billigbude wollte ich nichtmal weiter bei der Polizei arbeiten.


    Wenn es interessiert erzähle ich noch die Story von der Einführung des Mindestlohns Wachgewerbe Juni 2011 und wie sie da bescheissen wollten. Da habe ich sie auf den Topf gesetzt, mit Hilfe des Zolls.X(

  • Das war die "seriöse" Firma:




    Branche Firma PLZ Ort Strasse Geschäftsführer Kennzeichen
    SHD Stolzenburg Sicherheit & Service GmbH, Objektschutz 24143 Kiel >td > 1155
  • Guten Tag zusammen,


    also wenn man sich das Unternehmen näher ansieht ist das für mich auch kein Wunder.


    Der große Auftragsanteil liegt im öffentlichen Sektor und gerade in Berlin (leider) ist dies nur nach dem Prinzip > günstig < möglich.


    Wie kann ein Preis unterhalb der 0%-Grenze ein Unternehmen wirtschaftlich tragen?

    Wenige öffentliche Auftraggeber machen eine Kalkulationsprüfung und/oder schließen die billigsten / teuersten Anbieter aus der Ausschreibung aus.


    Bei diesem Preisgefüge bleibt nur wenig ausgebildetes Personal mit wenig Ausrüstung auszustatten.


    Eine Querfinanzierung über gewinnbringende Objekte wird vermutlich auch nicht stattgefunden haben.


    Tom

  • Das Unternehmen damals war zuerst Wachdienst Reddig Göttingen und als Folgefirma GÜD, Göttinger Überwachungsdienst.^^

  • Damals als der Branchen Mindestlohn Wachgewerbe startete 2011, 7,50 Euro. wir hatten 6,42 Euro mittlerweile.

    Da ging der Spaß los, die Nullnummer von Geschäftsführer tauchte plötzlich an den Einsatzstellen auf, ich hatte seit Anbeginn 2002 keinen Kontakt mit der Firma persönlich.

    Nur per Brief, und auch Email.

    Plötzlcih tauchte der Vogel auf, wir können das nicht zahlen, müssen sie verstehen, sie kriegen das irgendwann nachgezahlt.

    Hab ich ihm gesagt, ist am 15. nicht die Kohle nach Branchenmindestlohn auf meinem Konto, besuche ich meinen Anwalt.

    Wir waren ohnehin mindestens zweimal je Jahr in anwaltlichem Kontakt, wegen Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, Verdi Regelung.

    Natürlich stimmte das Geld nicht, die Abrechnung war firmenseitig gefäscht.

    Ich hatte 256 Stunden zu bekommen, man hat mir intern 6,42 Euro berechnet, Problem es müssen ja 7,50 Euro bei Stundenlohn stehen.

    Okay, Firmenberechnung 256 x 6,42 Euro = 219 Stunden auf der Abrechnung.

    Fotokopien des Dienstbuchs, bei der Polizei eine Urkunde, kein Zugriff der Firma darauf. ab zum anwalt.

    Zeitgleich das Hauptzollamt Braunschweig informiert, als zuständige Behörde für die Einhaltung des Mindestlohns.

    Nicht nur meine Daten und den Beschiss genannt, sondern auch andere Behörden wo die Kollegen genauso beschissen wurden.

    Arbeitsagentur Göttingen, 5,10 Euro Reallohn :thumbup:Das Hauptzollamt war froh mal ne richtige Strecke abarbeiten zu können.

    Sind auf jeder Dienststelle die ich ihnen genannt habe aufgtaucht und fündig geworden, dann Hausdurchsuchungen, in der Firma und den geheimen Aktenlagern, die ich ihnen genannt habe.

    Ende vom Lied, 156 Anklagen wegen Sozialbetrug gegen GÜD inklusive Verurteilungen, hätte die Nullnummer von Geschäftsführer mir mal richtig zugehört.

    Ich hatte meinen Spaß dabei und habe das erstemal Ostersonntag und Pfinsgstsonntag als Feiertag eingeklagt, nach ver.di Mantel.

    Unter dem ich immer noch lief.^^

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