Vorwurf: Bei Landtagsbesuch Bannmeile ignoriert
Stuttgart - Der Besuch des Landtags am 25. Juni 2008 hat für den Vorsitzenden der Schutzgemeinschaft Filder ein Nachspiel: Das Ordnungsamt der Stadt Stuttgart wirft Steffen Siegel vor, an einer öffentlichen Versammlung innerhalb der Bannmeile teilgenommen zu haben und droht mit Bußgeld.
An jenem Mittwoch hatte Ministerpräsident Günther Oettinger nicht ganz unerwartet im Parlament das Aus für die zweite Start-und-Lande-Bahn am Stuttgarter Flughafen verkündet. 35 engagierte Filder-Bewohner und Mitstreiter der Schutzgemeinschaft trafen sich zuvor hinter dem Kunstgebäude, um gemeinsam zum Landtag zu gehen und die Regierungserklärung zu verfolgen. Einige hatten Fahnen dabei, ein Teilnehmer ein größeres Transparent. Was ihnen wohl nicht ganz klar war: Bis hierher reicht die Bannmeile rund um den Landtag, in der Versammlungen verboten sind. Als Versammlung gilt bereits eine Gruppe von drei Leuten.
Die Startbahngegner hatten über die Fraktionen der SPD und der Grünen Einlasskarten bekommen. Bei dem Treffen vor dem Kunstgebäude ordnete Siegel wie von der Landtagsverwaltung verlangt die Teilnehmer namentlich den Besuchergruppen der beiden Parteien zu. Dann ging es mit eingerollten Fahnen (Siegel: "Darauf hatte ich extra hingewiesen") hinüber ins Parlament. "Die Stimmung war absolut friedlich. Wir wurden freundlich von Polizeibeamten begrüßt", erinnert sich der Vorsitzende.
Acht Wochen später wird dem 63-Jährigen in einem Schreiben vom Stuttgarter Ordnungsamt vorgehalten, "...an einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel teilgenommen zu haben, die innerhalb des befriedeten Bannkreises der Gesetzgebungsorgane des Bundes oder der Länder stattgefunden hat." Der Neuhausener wird aufgefordert, sich schriftlich zu äußern, andernfalls drohe ein Bußgeld. Als Zeugin der Ordnungswidrigkeit wird die stellvertretende Landtagsdirektorin Karin Maag angeführt, bis 2007 vier Jahre lang persönliche Referentin von OB Wolfgang Schuster. Bei der Bundestagswahl 2009 tritt sie für die CDU im Wahlkreis Stuttgart-Nord an. "Haben die im Landtag eigentlich nichts zu tun, wenn sie so viel Zeit haben, um aus dem Fenster zu schauen?", fragt sich Siegel. Formal, das ist ihm klar, hat das Amt Recht. Er hält die Reaktion jedoch für überzogen. "Man hätte uns damals doch auch einen Polizisten schicken können, der uns darauf hinweist".
Alfons Nastold vom Ordnungsamt bestätigt, dass die Landtagsverwaltung Anzeige erstattet hat, will zu dem laufenden Verfahren aber nichts sagen. Nach Siegels Anhörung werde man den Vorgang bewerten. Verstöße wie dieser kämen häufiger vor, erinnert er an die Demonstrationen gegen die Studiengebühren. Die Höhe des Bußgelds hänge davon ab, ob vorsätzlich gehandelt worden sei. Dennoch: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Meist werden in solchen Fällen Bußgelder im niedrigen dreistelligen Bereich oder noch darunter verhängt. Der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft muss sich also nicht groß sorgen, auch wenn er (augenzwinkernd) meint: "Weil ich außerdem auch noch völlig uneinsichtig bin, rechne ich wenigstens mit einem Jahr Umerziehungslager".
Quelle:stuttgarter-nachrichten.de