Erlöschen der Betriebserlaubnis ist wieder ordnungswidrig
Von Bernd Huppertz
Zum 01.06.2012 tritt die Änderung des § 19 V StVZO in Kraft.1 Danach gilt:
• Ist die Betriebserlaubnis nach § 19 II Satz 2 oder § 19 III Satz 2 StVZO erloschen, so darf das Fahrzeug nicht auf öffentlichen Straßen in Betrieb genommen werden oder dessen Inbetriebnahme durch den Halter angeordnet oder zu-gelassen werden. Ausnahmen von Satz 1 sind nur nach Maßgabe der Sätze 3 bis 5 zulässig. Nach Erlöschen der Be-triebserlaubnis dürfen daher mit dem Fahrzeug nur noch Fahrten durchgeführt werden, die in unmittelbarem Zusam-menhang mit der Erlangung einer neuen Betriebserlaubnis stehen. Am Fahrzeug sind die bisherigen Kennzeichen, rote Kennzeichen oder Kurzzeitkennzeichen zu führen. Die Sätze 3 und 4 gelten auch für Fahrten, die der amtlich anerkann-te Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr im Rahmen der Erstellung des Gutachtens durchführt.
• Ordnungswidrig i.S.d. § 24 StVG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 19 V Satz 1 ein Fahrzeug in Betrieb nimmt oder als Halter dessen Inbetriebnahme anordnet oder zulässt (§ 69a II Nr.1a StVZO).
• Allerdings bleibt die Bußgeldbewehrung hinter diesem Anspruch zurück. Nach Nr. 214a BKatV ist lediglich die Inbe-triebnahme eines Fahrzeugs trotz erloschener Betriebserlaubnis mit einem Bußgeld in Höhe von mindestens 90,- € bußgeldbewehrt, welches die Verkehrssicherheit oder die Umwelt wesentlich beeinträchtigt. Das gilt nach Nr. 189a BKatV auch für den Halter (hier: mindestens 180,- €).
Es bleiben jedoch nach wie vor ausschließlich zweckgebundene Fahrten erlaubt. Darunter sind vor allem Fahrten zur Zulassungsstelle oder zum amtlich anerkannten Sach-verständigen oder Prüfer sowie Fahrten im Rahmen der Erstel-lung eines Gutachtens durch den amtlich anerkannter Sachverständiger oder Prüfer zu verstehen.2
Mit der in Nr. 189a und 214a BKatV gewählten Formulierung: „... und dadurch die Verkehrssicherheit oder die Umwelt wesentlich beeinträchtigt“ wird eine abstrakte Gefahrenlage beschrieben. Bei dieser Gefahrenart ist ein Gefahreneintritt zeitlich und örtlich nicht bestimmbar (= Abgrenzung zur konkreten Gefahr), muss aber bei natürlicher Betrachtung des Verkehrsvorganges wahrscheinlich sein.3
In wieweit nun die Verkehrssicherheit – wie es die betreffende Bußgeldvorschrift erfordert – wesentlich beeinträchtigt ist, hängt bei technischen Mängeln davon ab, ob ein Fahrzeug in Gefahrensituationen auf Grund der Mängel mit Sicher-heit noch beherrschbar bleibt und innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Mindestanforderungen z.B. abgebremst oder gelenkt werden kann. Es ist also eine Einzelfall bezogene Gefahrenprognose vorzunehmen, die auf Grund objektiver Komponenten richterlicher Nachprüfung unterliegt.4
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1 47. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 10.05.2012 (BGBl. I 2012 S. 1086).
2 Jagow, Fahrerlaubnis- und Zulassungsrecht, Losebl.,Rn. 5a zu § 19 StVZO; Hent-schel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2012, Rn. 15 zu § 19 StVZO; Rebler in: Ferner/Bachmeier/Müller (Hrsg.), Verkehrsrecht, Rn. 55 zu § 19 StVZO; Amtl. Begr. zur Aufhebung der 24. AusnVO-StVZO, VkBl. 1997, 655.
3 Vgl. Köhler/Müller VD 2006, 283.
4 Vgl. Köhler/Müller VD 2006, 283.
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Leitsätze StVO
Von Bernd Brutscher
StVO
Mithaftung des den Radweg gegenläufig befahrenden Radfahrers
§§ 2 Abs. 2 und 4, 8 Abs. 1 und 2 StVO
Unbenutzbare Radwege (z.B. tiefer Schnee, Eis, Löcher) müssen nicht benutzt werden. Ist dies der Fall oder in Fahrt-richtung kein Radweg oder Seitenstreifen vorhanden, so hat der Radfahrer auf der Fahrbahn möglichst weit rechts zu fahren und nicht auf dem Radweg oder Seitenstreifen der anderen Fahrbahnseite.
OLG Naumburg, 1 U 74/11, vom 8.12.2011, veröffentlicht in NZV 2012, 180
Geltung einer Geschwindigkeitsbegrenzung nach Einfahrt auf einen Parkplatz und anschließender Weiter-fahrt
§ 3 StVO
Wer als Fahrer eines Kraftfahrzeuges vor dem Erreichen eines Parkplatzes, ein die Höchstgeschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen passiert, kann sich nach dem Verlassen des Parkplatzes und Weiterfahrt in die ursprüngliche Richtung nicht damit entlasten, dass sich nicht unmittelbar nach der Ausfahrt des Parkplatzes erneut ein entsprechendes Verkehrszeichen befunden und er die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung mittlerweile vergessen habe.
OLG Oldenburg, 2 SsRs 214/11, vom 16.9.2011, veröffentlicht in VRS 122, 41
Wirksamkeit einer vor dem Kreisverkehr außerorts durch ein Verkehrszeichen angeordneten Geschwindig-keitsbeschränkung
§ 3 Abs. 3 Nr. 2c StVO, § 9a StVO
Die Wirksamkeit einer Geschwindigkeitsbeschränkung, die an einer Zufahrt zu einem außerörtlichen Kreisverkehr an-gebracht ist, wirkt nicht für die Weiterfahrt nach dem Verlassen des Kreisverkehrs.
OLG München, 24 U 252/09, vom 3.8.2009, veröffentlicht in DAR 2010, 206
Haftung des Linksabbiegers bei Kollision mit überholendem Rettungsfahrzeug
§ 17 StVG; §§ 3 Abs. 3, 5 Abs. 3 Nr. 1, 9 Abs. 1, 35 Abs. 5a, 38 Abs. 1 StVO
Das Gebot, einem Notarzteinsatzfahrzeug mit Blaulicht und Einsatzhorn freie Fahrt zu ermöglichen, gilt unabhängig da-von, ob die Voraussetzungen für die Verwendung der Warnsignale tatsächlich gegeben sind.
Den Linksabbieger, der trotz eines von hinten mit Blaulicht und Martinshorn herannahenden, und gut wahrnehmbaren Rettungsfahrzeugs zum Abbiegen ansetzt und mit dem überholenden Rettungsfahrzeug kollidiert, trifft die volle Haf-tung.
LG Saarbrücken, 13 S 61/11, vom 1.7.2011, veröffentlicht in NJW-RR 2012, 98
Ausreichender Seitenabstand beim Vorbeifahren an haltenden Fahrzeugen
§§ 6 und 10 StVO, §§ 7 Abs. 2 und 17 Abs. 1 StVG
Beim Vorbeifahren an haltenden Fahrzeugen ist ausreichender Seitenabstand einzuhalten. Bei sehr schmaler Straße können u.U. weniger als 50 cm Abstand vom parkenden Fahrzeug genügen.
OLG Rostock, 5 U 183/10, vom 27.5.2011, veröffentlicht in VRS 121, 321 in VRS 121, 319
Leitsätze
Von Bernd Brutscher
StVZO/FZV
Inbetriebsetzen nicht zugelassenen Fahrzeugs – Rotes Kennzeichen/Kurzzeitkennzeichen
§§ 3 Abs. 1, 48 Nr. 1 a FZV
Die Benutzung eines mit roten Kennzeichen oder Kurzzeitkennzeichen versehenen Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen zu anderen als den in § 16 Abs. 1 FZV genannten Zwecken (Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten) stellt – wie bereits unter Geltung der StVZO – ein Inbetriebsetzen ohne die erforderliche Zulassung und damit eine Ordnungswid-rigkeit dar.
OLG Düsseldorf, 3 RBs 142/11, vom 16.9.2011, veröffentlicht in NZV 2011, 619
StVG
Abstellen der Nummernschildbeleuchtung ist Kennzeichenmissbrauch
§ 22 Abs. 1 Nr. 3 StVG
Wegen Kennzeichenmissbrauch nach § 22 Abs. 1 Nr. 3 StVG ist strafbar, wer bei Dunkelheit die Fahrzeugbeleuchtung und damit auch die Kennzeichenbeleuchtung ausschaltet, um die Ablesbarkeit des hinteren Kennzeichens zu vereiteln.
OLG Stuttgart, 2 Ss 344/11, vom 6.7.2011, veröffentlicht in BeckRS, 2011, 19278
StGB
„TÜV-Plakette“ als Urkunde
§ 267 StGB
Die Prüfplakette im Sinne des § 29 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage IX StVZO („TÜV-Plakette“) stellt auf Grund ihrer festen Verbindung zum Kfz-Kennzeichen eine zusammengesetzte Urkunde dar.
OLG Celle, 31 Ss 30/11, vom 25.7.2011, veröffentlicht in JuS 2011, 1136