Lohnfortzahlung im Krankheitsfall???

  • Hi.Habe da mal ein paar Fragen zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
    Bin schon 2 Jahre in einem großen Sicherheitsunternehmen tätig.
    Arbeite im Einzelhandel in Hamburg mit mindestens 240 Stunden monatlich(tgl. ab 10 Stunden aufwärts).Freie Tage gibt es selten.Also fast immer 6-Tage-Woche.
    Bin nun im September 21 Tage arbeitsunfähig erkrankt gewesen.
    Nun der Schock bei der Lohnabrechnung.
    Bekomme nach Rücksprache mit der Bereichsleitung von diesen 21 Tagen nur 18 bezahlt da ich ja wohl wöchentlich einen Tag frei habe(was so in keinster Weise zutreffend ist) und bekomme pro Tag auch nur 8 Stunden bezahlt.Das kann ich nun absolut nicht nachvollziehen.
    Habe mir meinen Durchschnitt an Stunden der letzten 12 Monate ausgerechnet und habe einen täglichen Stundenschnitt von 10,5 Stunden.
    Gilt in diesem Fall nicht das Entgeltfortzahlungsgesetz???Dieses muss doch auch für das Sicherheitsgewerbe gelten...???
    Bevor ich damit zum Anwalt gehe,wollte ich lieber eure Meinungen zu diesem Sachverhalt hören.
    Vielen Dank im vorraus.

  • Hi Booker76,


    zunächst einmal ein recht herzliches Willkommen hier bei uns im Forum. Ich wünsche Dir viele angenehme Aufenthalte hier mit möglichst vielen interessanten Informationen für Dich :zw: ...


    Ein allseits bekanntes Problem, welches Du hier ansprichst (57) ...


    Für diese konkreten Sachverhalte haben wir hier unseren kriegsrat. Ich denke, Du wirst in sehr kurzer Zeit eine kompete Antwort von ihm bekommen. Schau' ab und zu hier rein und - ein wenig Geduld bitte :zw: ...


    Gruss, Cujo.

  • was ist denn im arbeitsvertrag zu entgeltfortzahlung im krankheitsfall vereinbart ?


    soweit ich weiß, gibt oder gab es in hamburg einen allgemeinverbindlichen lohntarifvertrag
    zumindest bis zum 30.04.10, der dazu aussagen treffen sollte
    ob der jetzt neu verhandelt wurde, sich in der nachwirkung befindet oder oder weiß ich leider nicht


    die frage wäre weiter, ob ein kalendertägliche entgeltfortzahlung ( z.b.unter berücksichtigung des gesamtbruttoverdienstes
    der letzten zwölf monate geteilt durch 364) vereinbart ist oder andere berechnungszeiträume


    dann dürftest du die krankheitstage nicht auf stunden runterrechnen
    da du pro kalendertag (nicht pro krankheitstag) einen bestimmten bruttobetrag erhältst


    bevor du jedoch keine aussage zu den bei dir geltenden vertraglichen oder tariflichen vereinbarungen in bezug
    auf entgeltfortzahlung tätigst, kann man zu deinem problem keine vernünftige aussage treffen

  • Zitat von "kriegsrat"

    soweit ich weiß, gibt oder gab es in hamburg einen allgemeinverbindlichen lohntarifvertrag
    zumindest bis zum 30.04.10, der dazu aussagen treffen sollte
    ob der jetzt neu verhandelt wurde, sich in der nachwirkung befindet oder oder weiß ich leider nicht


    ab 30.04.10 ist er nicht mehr allgemeinnverbindlich
    <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.rechtsrat.ws/tarif/branchen/wach.htm">http://www.rechtsrat.ws/tarif/branchen/wach.htm</a><!-- m -->


    ich behaupte einfach mal, dass im tarifvertrag steht "bei urlaub/krank werden 6 tage mit je 8 stunden berechnet"
    oft ist das problem sogar, dass man für krank nur 5 tage bezahlt kriegt und bei urlaub 6.
    die AG's pissen sich doch nicht selbst ans bein -_-

  • "ich behaupte einfach mal, dass im tarifvertrag steht "bei urlaub/krank werden 6 tage mit je 8 stunden berechnet" "


    nun, behaupten kann man natürlich viel :no:


    laut gesetz gilt das lohnausfallprinzip
    d.h. der AN müsste das bekommen, was er bekommen hätte, wenn er nicht krank geworden wäre

  • Zitat von "kriegsrat"


    nun, behaupten kann man natürlich viel :no:


    wichtigste regel in der ausbildung gewesen "nichts rein interpretieren", aber durch gewisse anhaltspunkte kann das nur so sein :fr:

  • die wichtigste regel in dem fall wäre erstmal
    nachzuschauen


    was denn wörtlich im arbeitsvertrag oder einem geltenden tarifvertrag zum thema "entgeltfortzahlung" vereinbart wäre


    erst dann kann man vernünftige aussagen treffen


    alles andere fällt unter die rubrik "kaffesatzleserei" oder "glaskugelmodus"
    und bringt außer verwirrung gar nichts

  • Hallo ich hab mich mal belesen wie es im aktuellen Entgeldtarifvertrag für Berlin und Brandenburg steht!!!


    §7 Entgeldfortzahlung im Krankheitsfall


    Maßgeblich für die Berechnung des fortzuzahlenden Entgeltes im Krankheitsfall ist der Bruttoverdienst der letzten abgerechneten 6 Monate vor der Arbeitsunfähigkeit, bestehend aus den Stundenlöhnen gem. §3. Dieser wird durch 156 dividiert und ergibt den für die Entgeltfortzahlung maßgeblichen Entgelt-Durchschnittsatz je Werktag (Montag bis Samstag) im Krankheitsfall.


    Bei einer Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers unter 6 Monaten vor dem Krankheitsfall sind die Regelungen des vorstehenden Absatzes analog auf die tatsächliche Beschäftigungsdauer anzuwenden.


    MfG s_d1980

  • Erstmal danke für die Antworten. Mein Arbeitsvertrag beruht auf dem zwischen dem zwischen BDWS e.V. und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Bundes-Manteltarifvertrag.Weiter Dinge zwecks Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind in meinem Arbeitsvertrag nicht geregelt(außer dass man sich unverzüglich beim AG zu melden hat,wenn man erkrankt).
    Nun interessiert mich was in diesem Manteltarifvertrag zwecks Lohnfortzahlung steht...???
    Und ob dieser noch gültig ist...???
    Danke.

  • Also der Manteltarifvertrag ist noch gültig, in dem steht aber nichts zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, das ist im Entgelttarifvertrag geregelt genauere Auskunft dazu, wie es sich in Hamburg verhält, kann ich erst nächste Woche geben.
    Wenn ich aber richtig informiert bin ist das in allen Bundesländern gleich geregelt!!!


    MfG s_d1980

  • Zitat von "s_d1980"

    ...das ist im Entgelttarifvertrag geregelt


    Wohl eher nicht.
    Aber es gibt neben den Entgelttarifverträgen in den Ländern auch noch Manteltarifverträge, als Ergänzung zum Bundes-Mantelrahmentarifvertrag. Und in jenen Tarifverträgen sind derartige Dinge wie Urlaub, Urlaubsentgelt, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall geregelt.


    Zitat von "s_d1980"

    Wenn ich aber richtig informiert bin ist das in allen Bundesländern gleich geregelt!!!


    Ähnlich, ja. Nicht gleich. Zum einen unterscheiden sich die Bemessungszeiträume, zum anderen auch schon mal der Teiler.
    Gleich dürfte lediglich sein, daß dem Arbeitgeber die Wahlmöglichkeit belassen wird, wie die Lohnfortzahlung geregelt wird: Entweder über eine Berechnung des durchschnittlichen Tageslohns oder nach dem gesetzlichen Lohnausfallsprinzip.

  • hier der bundesrahmenmanteltarifvertrag


    <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.bdws.de/cms/images/stories/tarif/MRTVneu.pdf">http://www.bdws.de/cms/images/stories/tarif/MRTVneu.pdf</a><!-- m -->


    und haifisch hats schon richtig erwähnt
    in bayern z.b. wird das gesamtjahresbrutto durch 364 geteilt, um auf einen kalendertäglichen tagessatz bei krankheit zu kommen
    in anderen ländern nimmt man 6 mo oder 3 mo und teilt dies durch die jeweiligen tage


    dies ist in den länderspezifischen (lohn-und )manteltarifverträgen geregelt


    gibt es keinen oder gilt dieser nicht für den jeweiligen arbeitsvertrag
    (wenn er nicht allgemeinverbindlich erklärt bzw. im arbeitsvertrag als gültig vereinbart wurde
    oder die parteien (AG und AN) nicht mitglied der tarifparteien (BDWS einerseits, verdi andererseits) sind


    gilt die gesetzliche regelung nach § 4 EntgFG
    Für den in § 3 Abs. 1 bezeichneten Zeitraum ist dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen.
    (1a) Zum Arbeitsentgelt nach Absatz 1 gehören nicht das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt und Leistungen für Aufwendungen des Arbeitnehmers, soweit der Anspruch auf sie im Falle der Arbeitsfähigkeit davon abhängig ist, daß dem Arbeitnehmer entsprechende Aufwendungen tatsächlich entstanden sind, und dem Arbeitnehmer solche Aufwendungen während der Arbeitsunfähigkeit nicht entstehen. Erhält der Arbeitnehmer eine auf das Ergebnis der Arbeit abgestellte Vergütung, so ist der von dem Arbeitnehmer in der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit erzielbare Durchschnittsverdienst der Berechnung zugrunde zu legen.

  • Zitat von "kriegsrat"

    in bayern z.b. wird das gesamtjahresbrutto durch 364 geteilt, um auf einen kalendertäglichen tagessatz bei krankheit zu kommen
    in anderen ländern nimmt man 6 mo oder 3 mo und teilt dies durch die jeweiligen tage


    Wobei es auch Regelungen gibt, nach denen nicht der Durchschnitt des Bruttolohns im jeweiligen Bemessungszeitraum berechnet wird, sondern die Arbeitszeit.
    Hier wird dann eben die durchschnittliche Arbeitszeit berechnet, und die wird dann pro Krankheitstag mit dem hundertprozentigen Stundengrundlohn bezahlt.

  • Also im Manteltarifvertrag nicht drin und im Entgelttarofvertrag steht es genau drin!!


    Und dann würde ich gerne den § aus dem Bundes Manteltarifvertrag wissen wo die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall drin stehen soll!!!


    Sorry aber was ihr als Manteltarifvertrag seht ist eine für "unwissende" Zusammenfassung von Mantel- und Entgelttarifvertrag!!!


    MfG s_d1980

  • MarkusHA


    Wer spricht denn vom Bundes-Mantelrahmentarifvertrag (MRTV)?


    Es gibt eben diesen, und dazu - ergänzend - die länderspezifischen Manteltarifergänzungstarifverträge (MTV).
    Weiterhin gibt es die länderspezifischen Entgelt- oder Lohntarifverträge.


    Es gibt also in aller Regel pro Tarifgebiet quasi drei Tarifverträge, die Anwendung finden können:


    1. Den MRTV für Deutschland, der grundsätzliche Dinge wie Arbeitszeiten, Bekleidung und dergleichen regelt.
    2. Den MTV für das Tarifgebiet, der unter anderem Dinge wie Urlaubsanspruch, Urlaubsgeld und Urlaubsentgelt, und eben auch Dinge wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und wie diese berechnet wird.
    3. Den LTV/ETV für das Tarifgebiet, welcher die Löhne und die Höhe der Zuschläge und Zulagen regelt.


    Für Berlin/Brandenburg gibt es auch einen MTV und einen ETV. Diese MTV und ETV beziehen sich in aller Regel in bestimmten Punkten auf den MRTV, da dieser wie gesagt grundsätzliche Dinge regelt, speziellere Dinge aber in den Ländern geregelt werden.

  • Zitat von "Scheka"

    ab 30.04.10 ist er nicht mehr allgemeinnverbindlich
    <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.rechtsrat.ws/tarif/branchen/wach.htm">http://www.rechtsrat.ws/tarif/branchen/wach.htm</a><!-- m -->


    ich behaupte einfach mal, dass im tarifvertrag steht "bei urlaub/krank werden 6 tage mit je 8 stunden berechnet"


    So, also:
    Lohntarifvertrag ist hier irrelevant (wäre allerdings bereits schon wieder ein neuer LTV da, gültig bis 29.02.12, noch nicht allgemeinverbindlich),
    relevant ist der "Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hamburg".
    Ich konnte leider nur den älteren MTV auftreiben, allerdings hat sich in dieser Sache (Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) nichts geändert.


    Im MTV steht dazu folgendes geschrieben:


    § 4 - Fortzahlung von Arbeitsentgelt und Sozialleistungen
    1. Die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle regelt sich nach dem
    Entgeltfortzahlungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung.
    2. Die Höhe der Entgeltzahlung beträgt 100 von 100 des jeweiligen tariflichen
    Stundengrundlohnes einschließlich Zuschlägen ohne außertarifliche Zuschläge
    und Zulagen.

  • gut, dank haifisch haben wir jetzt eine formulierung


    da das entgeltfortzahlungsgesetz gelten soll, wäre nun auch unerheblich, ob der manteltarifvertrag gilt oder nicht


    also nochmal:


    § 4 EntgFG
    Für den in § 3 Abs. 1 bezeichneten Zeitraum ist dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen.
    (1a) Zum Arbeitsentgelt nach Absatz 1 gehören nicht das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt .......



    jetzt kommt das nächste problem :


    was ist im arbeitsvertrag zur arbeitszeit vereinbart ?
    was ist die für den fragesteller "maßgebende regelmässige arbeitszeit", die ja nicht mit der vereinbarten arbeitszeit übereinstimmen muß ?
    was wird als "überstunden" deklariert, die man dann wieder abziehen müsste ?


    die bereichsleitung geht von 8 stunden an 6 tagen die woche aus als maßgebende regelmässige arbeitszeit
    laut fragesteller arbeitet er durchschnittlich 10,5 an sechs/manchmal sieben tage die woche,
    also sollen diese mehrstunden laut bereichsleitung "überstunden" sein, die nicht zur entgeltfortzahlung dazugerechnet werden


    der fragesteller könnte nun einen anwalt hinzuziehen, um gerichtlich klären zu lassen
    daß diese regelmässig geleisteten überstunden doch zur "maßgebenden regelmässigen arbeitszeit" zählen
    zu diesem gedanken ein urteil :
    1. Erbringt ein Arbeitnehmer über einen Zeitraum von mehreren Monaten
    regelmäßig Arbeitsleistungen von 12 Stunden pro Tag bzw. 60 Stunden in der Woche,
    obwohl die tarifliche Wochenarbeitszeit nur 39 Stunden beträgt, so handelt es sich bei
    der tatsächlich angefallenen Arbeitszeit um die für ihn maßgebende regelmäßige
    Arbeitszeit im Sinne des §4 Abs. 1 EFZG
    .
    2. In diesem Fall kommt eine Kürzung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
    nach § 4 Abs. la EFZG nur insoweit in Betracht, als dem Arbeitnehmer zusätzliche
    Überstundenzuschläge gewährt wurden.
    LAG Düsseldorf vom 16. März 2000 - 5 (3) Sa 20100.


    vielleicht reicht auch schon ein anwaltlicher brief die bereichsleitung zum umdenken zu bewegen

  • ergänzend noch eine stellungnahme des BAG zu diesem problem :


    Nach § 4 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das ihm der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Maßgeblich ist dabei die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers und nicht die betriebsübliche oder tarifliche Arbeitszeit. Ob eine von der vertraglich vereinbarten oder tarifvertraglich geltenden Arbeitszeit abweichende längere Arbeitszeit regelmäßig geleistet wird, ist in der Regel über einen Vergleichszeitraum von zwölf Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit festzustellen. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum mit einer gewissen Stetigkeit und Dauer über die ausdrücklich vereinbarte oder tarifvertraglich geltende Arbeitszeit gearbeitet hat.
    BAG, Urteil vom 21. November 2001 - 5 AZR 457/00 -

  • und noch eine ergänzung : ( na ja, nach 12std dienst ist man nicht mehr so konzentriert :trau: )


    natürlich könnt man dies auch ohne anwalt versuchen, gerichtlich durchzusetzen,
    da in der 1.instanz keine anwaltpflicht besteht......

  • Zitat von "kriegsrat"

    Maßgeblich ist dabei die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers und nicht die betriebsübliche oder tarifliche Arbeitszeit. Ob eine von der vertraglich vereinbarten oder tarifvertraglich geltenden Arbeitszeit abweichende längere Arbeitszeit regelmäßig geleistet wird, ist in der Regel über einen Vergleichszeitraum von zwölf Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit festzustellen.


    Womit man dann wieder faktisch bei der Durchschnittsberechnung wäre, mit einem Bemessungszeitraum von 12 Monaten.