Infektionsschutz für Einsatzkräfte

  • Infektionsschutz für Einsatzkräfte
    23.09.2015 - Autor: Budde-Siegel, Stefan


    Anlass:
    Vermeidung von Infektionsgefahren für Einsatzkräfte von Feuerwehren, Polizei, Security und Hilfeleistungsorganisationen beim Umgang mit Asyl suchenden Personen.


    Flüchtlinge, die in Deutschland Asyl, Hilfe und Zuflucht suchen, haben oft eine lange Odyssee hinter sich. Sie kommen aus überfüllten Flüchtlingslagern mit vielen tausenden Menschen oder/und aus Kriegsgebieten ohne ausreichend Wasser, sanitäre Anlagen und ärztliche Versorgung. Wenn Menschen auf engstem Raum und unter schwierigsten hygienischen, sozialen und psychologischen Bedingungen zusammenleben, dann besteht auch immer ein hohes Risiko für die Verbreitung von Krankheiten und die Ansteckung mit Infektionskrankheiten. Dies gilt sowohl für die Flüchtenden, als auch für die helfenden Personen.


    Auch wenn in Deutschland entsprechende medizinische Untersuchungen von Asyl suchenden Personen vom Gesetzgeber (z. B. Flüchtlinge und Asylbewerber) vorgeschrieben sind, so ist dies in den Transit- und Herkunftsländern in den meisten Fällen nicht vorgesehen. Manche Erkrankungen lassen sich nicht auf Anhieb, sondern erst mit einer gewissen Latenz oder Inkubationszeit feststellen.


    Neues Informationsblatt zur Vermeidung von Infektionsgefahren
    Wegen dieser aktuellen Thematik und Situation in den Aufnahmelagern hat die Unfallkasse Baden-Württemberg federführend für den DGUV Fachbereich Feuerwehren, Hilfeleistungen, Brandschutz das neue Infoblatt Nr. 09 „Vermeidung von Infektionsgefahren für Einsatzkräfte von Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen beim Umgang mit asylsuchenden Personen“ vorgelegt.


    Viele der jetzt wieder aufkommenden Krankheiten, wie Kinderlähmung (Poliomyelitis), waren in Deutschland durch Impfungen nahezu verschwunden. Deshalb wird durch den DGUV empfohlen, bevorzugt Einsatzkräfte mit einem Impfschutz gegen Poliomyelitis, Diphtherie, Hepatitis A und B, Masern, Windpocken sowie Tetanus einzusetzen (vgl. auch Empfehlungen der ständigen Impfkommission – Stiko – unter RKI - Ständige Impfkommission). Auch Masern, Röteln und Windpocken können dazu zählen, wenn in einer Asylsuchendenunterkunft Verdachtsfälle auftreten. Der jeweils erforderliche Impfschutz muss vor Ort mit den Verantwortlichen (ärztlicher Dienst) abhängig von den Herkunftsländern und Transferrouten der Flüchtenden abgestimmt werden.


    Dazu der DGUV: „Ein adäquater Impfschutz ist ein wichtiges Mittel gegen Infektionskrankheiten. Schwangere oder stillende sowie immungeschwächte Einsatzkräfte dürfen nicht in belegten Asylsuchendenunterkünften eingesetzt werden.“


    Allgemein ist auf einen wirksamen Impfschutz, das Vermeiden von engem körperlichem Kontakt, das Einhalten der allgemeinen Hygieneregeln und ggf. die Nutzung von Latex-freien Einmalhandschuhen zu achten. Nach Ausziehen der Handschuhe sind die Hände zu desinfizieren und sollten möglichst mit einer wirksamen Creme eingecremt werden.


    Merke: „Regelmäßiges Händewaschen und Desinfizieren sind die wichtigsten Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung von Infektionserregern.“


    Essen, Trinken und Rauchen darf nur in bestimmten Bereichen erfolgen und dies immer nach entsprechenden Hygienemaßnahmen. Jede Einsatzkraft sollte z. B. erst nach einer entsprechenden Reinigung der Hände Nahrungsmittel aufnehmen. Darüber hinaus ist es sinnvoll, nur aus der eigenen, gekennzeichneten Flasche zu trinken. Helfende Mitarbeiter sollten engen körperlichen Kontakt sowie der Kontakt zu menschlichen Ausscheidungen und Körperflüssigkeiten (z. B. Blut, Speichel, Urin, Kot, Erbrochenes – diese können sich auch auf verschmutzten Textilien, Windeln und dem Fußboden befinden) vermeiden.


    Bei Anwesenheit fiebernder oder hustender Menschen sind von den Helfern die Infektionsgefahr umgehend zu beurteilen und entsprechende im Vorfeld geklärte Maßnahmen einzuleiten (z. B. Zuführung zum ärztlichen Dienst, Isolierung der kranken Person). Einsatzkräfte sollten sich nicht direkt anhusten lassen, sondern sich in einem solchen Fall diskret wegdrehen.


    Information und Abstimmung vor Einsatzbeginn
    Die Einsatzführung muss sich vor Einsatzbeginn bei der Leitung der Asylsuchendenunterkunft erkundigen, ob und in welchem Umfang bereits Verdachtsfälle auf Infektionskrankheiten vorliegen. Sie stellt auf diese Weise sicher, dass beim späteren Feststellen einer Infektionskrankheit (z. B. Krätze) eine sofortige Information der Mitarbeiter erfolgen kann. So werden die Mitarbeiter in die Lage versetzt, richtig und umgehend zu handeln.


    Mit der verantwortlichen Person der Unterkunft ist auch abzustimmen, welche ggf. auch erweiterte persönliche Schutzausrüstung für welche Tätigkeit zu tragen ist. Die Einsatzkräfte sind immer zu unterweisen. Es ist sinnvoll eine Dokumentation über alle diese Handlungen, Abstimmungen, Verdachtsfälle, Erkrankungsfälle, Untersuchungen, Unfälle (Verbandsbuch), etc. zu führen; ferner darüber, welche Einsatzkraft wie und wo eingesetzt worden ist. Falls eine Infektionserkrankung bei einer Asyl suchenden Person festgestellt wird, muss nachvollzogen werden können, welche Menschen zur infizierten Person Kontakt hatten.


    Inhalt der Anlagen
    In der Anlage 1 zum Informationsblatt stellt die DGUV die wichtigsten Infektionskrankheiten und durch Parasiten verursachte Erkrankungen zusammen und gibt Handlungsanweisungen zum Umgang und Hygiene.


    Anlage 2 zum Informationsblatt können Führungskräfte den Hilfskräften als Taschenkarte zur Verfügung stellen. Diese Karte gibt kompakte Handlungsempfehlungen und Hygieneregeln an die Hand.


    Beispiele für Handlungsempfehlungen:

    • Vor Abfahrt in den Einsatz: Kontrolle der Artikel des Hygienesatzes/Beladesätze/ Grobreinigung/Dekontamination, z.B. gemäß DIN 14800-18 Beiblatt 12.
    • Bei Eintreffen muss das Führungspersonal die Infektionsgefahr bei der verantwortlichen Person der Asylsuchendenunterbringung feststellen (wichtig bei bereits belegtem Objekt)
    • Bei Verletzungen: Dokumentation (Verbandbuch, Einsatzbericht), nachlaufend Erstellung einer Unfallmeldung.
    • Auch bei kleineren Verletzungen frühzeitig beim medizinischen Fachpersonal melden, Wundversorgung einleiten.
    • Klärung des Sicherheitskonzeptes für das Objekt mit der Einsatzleitung.
    • Keine zusätzlichen Aufgaben eigenmächtig übernehmen, die nicht mit der Einsatzleitung abgesprochen sind.
    • Bei Zweifel das zuständige Gesundheitsamt hinzuziehen.


    Folgende Hygieneregeln sind zu beachten:
    Händewaschen mit Waschlotion, fließendem Wasser, Abtrocknen mit Einmalpapierhandtüchern, z. B.:

    • nach jeder Verschmutzung,
    • nach Reinigungsarbeiten,
    • nach Toilettenbenutzung,
    • vor dem Umgang mit Lebensmitteln,
    • vor dem Essen,
    • vor dem Trinken und Rauchen,
    • nach Kontakt mit Tieren

    Händedesinfektion (viruzides und möglichst rückfettendes Händedesinfektionsmittel), z. B.:

    • nach Kontakt mit Blut, Erbrochenem, Stuhl, Urin und anderen Körperausscheidungen
    • nach Kontakt mit sonstigem potentiell infektiösen Material
    • nach direktem Kontakt mit Erkrankten
    • nach dem Ablegen der Handschuhe bzw. Einmalhandschuhe
    • Dabei 3-5 ml des Händedesinfektionsmittels in die trockenen Hände einreiben, einschließlich Fingerkuppen u. Fingerzwischenräume, Daumen und Nagelbett, mindestens ½ Min. einwirken lassen.

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    Quelle: DGUV Infoblatt Nr. 09 des Sachgebietes "Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen“, 16/09/2015


    Praxishinweise: Weitere Informationsquellen:

    • Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege (TRBA 250)
    • Desinfektionsarbeiten im Gesundheitsdienst
    • (DGUV Regel 107-003)
    • Benutzung von PSA im Rettungsdienst (DGUV Regel 105-003)
    • Verhütung von Infektionskrankheiten in der Pflege und Betreuung (DGUV Information 207-009)
    • Auswahl von PSA in der Feuerwehr auf Basis einer Mustergefährdungsbeurteilung (DGUV Information 205-014)
    • Auswahl von Infektionsschutzanzügen in der Feuerwehr (DGUV Information 205-015)
    • Allgemeine Präventionsleitlinie Hautschutz
    • (DGUV Information 212-017)
    • Informationen des Instituts für Arbeitsschutz der DGUV zum Thema Biostoffe
    • Allgemeine Informationen der DGUV zum Thema Biostoffe
    • Informationen des Sachgebietes Hautschutz des DGUV
    • Informationen des Sachgebietes Gesundheitsdienst der DGUV
    • Informationen des Sachgebietes Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen der DGUV
    • Informationen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zu biologischen Arbeitsstoffen
    • Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – BZgA zu allgemeinen Hygieneregeln
    • Informationen der europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu Gefahr- und Biostoffen
    • Informationen des Robert-Koch Instituts zu Infektionskrankheiten
    • Epidemiologisches Bulletin 38/2015 des Robert-Koch Instituts


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    Quelle: sicherheitsmelder.de - Wissensupdate in
    Fachbeiträgen

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