ZitatAlles anzeigenBei heimlichen Videoaufnahmen in öffentlich zugänglichen Räumen folgt daraus für den Kündigungsschutzprozess in der Regel kein Beweisverwertungsverbot gemäß § 6 b Abs. 2 BDSG
Leitsatz:
Bei heimlichen Videoaufnahmen in öffentlich zugänglichen Räumen folgt daraus für den Kündigungsschutzprozess in der Regel kein Beweisverwertungsverbot gemäß § 6 b Abs. 2 BDSG.
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Die Videoaufnahmen, die die Tatbegehung der Klägerin dokumentieren, unterliegen auch keinem Beweisverwertungsverbot. Zwar stellt die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber einen Eingriff in das durch Artikel 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Dieser Eingriff führt jedoch dann nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zulasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, die verdeckte Video-Überwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und insgesamt nicht unverhältnismäßig ist (vgl. BAG vom 27.03.2003 – 2 AZR 51/02, NZA 2003, 1193).
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An der Zulässigkeit der Verwertung heimlicher Videoaufnahmen – zumal unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG – vermag auch die Vorschrift des § 6 b Abs. 2 BDSG nichts zu ändern, nach der bei der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch – elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen sind. Daraus kann nicht das Verbot jedweder verdeckten Videoüberwachung an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen abgeleitet werden. Eine verfassungskonforme Einschränkung der Vorschrift ist jedenfalls dann geboten, wenn sich der Arbeitgeber in einer notwehrähnlichen Lage befindet und die heimliche Videoüberwachung nicht unverhältnismäßig ist (vgl. Vietmeyer/Byers, DB 2010, 1462; Dzida/Grau, NZA 2010, 1201). So hat auch das Bundesverfassungsgericht ein absolutes Beweisverwertungsverbot unmittelbar aus den Grundrechten nur in den Fällen anerkannt, in denen der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist (vgl. zuletzt Bundesverfassungsgericht vom 09.11.2010 – 2 BVR 2101/09, juris mit weiteren Nachweisen). Das kann befriedigend nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des einzelnen Falls beantwortet werden.
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Die Revision war für die Klägerin gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der Frage, ob eine verdeckte Videoüberwachung von Arbeitnehmern auch im Bereich öffentlich zugänglicher Räume zulässig ist.
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Landesarbeitsgericht Köln v. 18.11.2010, Az.6 Sa 817/10