Verlängerung der Arbeitszeit über die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden und wöchentlich 48 Stunden im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes hinaus

  • Hallo,


    mein EX Kollege ist kürzlich wieder mal auf mich zugekommen und hat mich gefragt wie das Rechtlich aussieht - und ich bin da etwas überfragt.


    Der Kollege hat damals bei Dienstantritt - wie wahrscheinlich jeder im Sicherheitsdienst - so einen Wisch unterschrieben mit folgenden Inhalt:


    "Hiermit erkläre ich mich mit einer Verlängerung meiner Arbeitszeit über die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden und wöchentlich 48 Stunden im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes hinaus einverstanden.

    Über die Möglichkeit, diese Vereinbarung jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten zu widerrufen, wurde ich informiert."



    Diese Frist von 6 Monaten hat doch keine Rechtlich Gültigkeit oder?


    Hintergrund ist das wegen massiver Mitarbeiterflucht die verbleibenden Kollegen mehr arbeiten sollen (Die Firma hat halt nix gelernt woher die Probleme kommenX/) Und das ganze Team entzieht bzw möchte jetzt der Firma mit sofortiger Wirkung (bzw zum nächsten Dienstplan) der Firma eben das Recht entziehen die MA länger arbeiten zu lassen.


    Tarifvertrag ist BaWü.

  • Ich denke, hier wird der MRTV (Deutschland) vom 23.8.2018 angewandt. Dort heißt es:


    § 6 Arbeitszeit

    1.1. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit soll 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann ohne Vorliegen von Arbeitsbereitschaft auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 12 Kalendermonaten im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Darüber hinaus kann die Arbeitszeit auch ohne Ausgleich über 10 Stunden täglich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt.


    Das Zauberwort ist hier "Arbeitsbereitschaft", was die Sache legal erscheinen lassen soll. Ob dem wirklich so ist, könnte das Bundesarbeitsgericht ein für alle Mal für das Bewachungsgewerbe klären, sofern sich ein Kläger fände.


    Hieße als Beispiel: Du hast im monatlichen Durchschnitt

    17 Dienste à 12 Stunden = 204 Stunden

    204 Stunden x 12 Monate = 2448 Stunden / Jahr

    2448 h/a : 312 Werktage/a = 7,85 Stunden/Werktag


    ob man bspw. noch 30 Tage Urlaub von den 312 Werktagen abziehen müsste, entzieht sich meiner Kenntnis. Da steck ich nicht tief genug drin. Dann wäre die tägliche Arbeitszeit natürlich über 8 Stunden (ca. 8,5h -9h je nach dem)


    Ich persönlich bin mit 12 Stunden (Objektschutz) einverstanden und habe kein Problem damit. Klar, es gibt so Tage, da zieht sich so ein Dienst hin, aber dann muss man sich eben sinnvoll beschäftigen, ohne die erforderliche Wachsamkeit einzubüßen oder dass sich der Auftraggeber daran stören könnte. Im übrigen finde ich 4x12h besser als 6x8h. Beides ergibt 48 Wochenstunden und diese Stunden ermöglichen es mir, dass mein Geld einigermaßen stimmt und ich auch Freizeit habe.

  • So weit ich sein Objekt kenne, ist da nichts mit "Bereitschaft" - der Empfang darf nicht verlassen werden. Selbst das Mittagessen wird zum Teil am Empfang gegessen weil es keine Möglichkeit einer "Pause" gibt...

  • Da gehe ich auch voll mit, KampfKraut, doch nur so kann mir eine Dehnung der Deutung mit Hilfe solcher Texte erklären. Es ist ja nun kein Geheimnis und absolut keine Seltenheit, dass 12 Stunden gearbeitet wird.

  • Dass wegen der Problematik der Pausen im Sicherheitsgewerbe die Pausen fast überall bezahlt werden darf man nicht vergessen. Wenn man den Arbeitsplatz verlassen kann und damit eine "richtige" Pause macht, muss sie eigentlich nicht bezahlt werden.

    Ich hatte nie ein Problem mit den 12 Stundenschichten. Mehr bezahlte Stunden und genausoviele freie Tage wie in anderen Branchen.

    Auch ein Grund warum die Beschäftigtenzahl in der Branche zunimmt und nicht abnimmt.

    Niemand wird gezwungen in der privaten Sicherheit zu arbeiten. Jeder hat seinen Arbeitsvertrag freiwillig bei einer Sicherheitsfirma unterschrieben und nicht in einer anderen Branche.

    Ich habe einen neuen Mitarbeiter, der in der Nähe von München bei einem der neuen Getränkelieferdienste als Lagerleiter 1750 Euro netto hatte. Der freut sich mit jeder Lohnabrechnung, dass er gewechselt hat. Kann selbstverständlich einen PC problemlos bedienen und kann sich auch auf Englisch verständigen und erhält damit auch deutlich mehr als den Tariflohn.

  • Kann selbstverständlich einen PC problemlos bedienen und kann sich auch auf Englisch verständigen und erhält damit auch deutlich mehr als den Tariflohn.

    Die Zulage dafür hätt' ich auch gern :)


    Schön, dass sich auch mal einer freut, in die Sicherheit gewechselt zu sein. :thumbup:

  • Edit:

    Allerdings regelt 7 ArbZG genau das...

    Zitat

    (7) Auf Grund einer Regelung nach Absatz 2a oder den Absätzen 3 bis 5 jeweils in Verbindung mit Absatz 2a darf die Arbeitszeit nur verlängert werden, wenn der Arbeitnehmer schriftlich eingewilligt hat. Der Arbeitnehmer kann die Einwilligung mit einer Frist von sechs Monaten schriftlich widerrufen. Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer nicht benachteiligen, weil dieser die Einwilligung zur Verlängerung der Arbeitszeit nicht erklärt oder die Einwilligung widerrufen hat.

    Jetzt muss der Kollege nur noch prüfen, was genau er da unterschrieben hat und wie das begründet ist bzw. ob der dazugehörige Tarifvertrag das vorsieht.


    Oder er lässt es einen anderen machen.

    Diese Frist von 6 Monaten hat doch keine Rechtlich Gültigkeit oder?

    Weil?

  • Nein, hat keine Relevanz. Du kannst nicht auf deine Rechte verzichten. Aber wo kein Kläger da kein Richter.

  • Weil ich vermutet hatte, das der ganze Passus ungültig ist - und wenn überhaupt - die einseitige Aufkündigung dieses Schreibens niemals so eine lange "Schonfrist" für den AG zulässt.

  • Moin,


    also Grundlegend sichert der Arbeitgeber sich mit dem Wisch ab.

    Ohne Zustimmung kann/könnte der MA nicht mehr als 8 Stunden pro Schicht/Tag arbeiten.


    Wir legen hier einfach mal das Arbeitszeitgesetz zu Grunde, wodurch es Ausnahmen zu beachten ist.

    Dann kommt der Tarifvertrag dazu, welcher eine Möglichkeit bis 12 Stunden vorsieht.


    Zu beachten ist für den MA:
    Möchte er nicht mehr als 8 Stunden pro Tag arbeiten, kann es sein, das die Firma ihn auf dieser Position nicht mehr einsetzen kann.


    Aber wir sprechen ja über die Wirkung auf die menschliche Ebene:
    Was spricht dagegen? Er kann mehr als 8 Stunden arbeiten, muss aber nicht.


    In vielen Arbeitsverträgen stehen Passagen, welche man nur unterschrieben hat / wollte um die Stelle zu bekommen.

    Hinzukommt ja noch, das auch die Tarifverträge maximale Arbeitszeiten Tag/Woche vorsehen sowie deren Ausgleich im Quartals-/Jahresmix.


    Zudem gibt es das Direktionsrecht (geht hier zu weit) und eine Ablehnung nach geplantem Dienstplan (krank usw. rausgelassen).


    KampfKraut

    Bist du bitte so nett und erklärst mir aus deiner Sicht, was an der Frist falsch wäre? Möchte das gerne verstehen.

  • Tom511


    Nun wenn ich Kündige kann ich dies in der Regel mit einer Frist von 1 Monat tun. (Je nach Zugehörigkeit zur Firma) Da hat die Firma dann "Genug" Zeit sich nach Ersatz umzusehen.


    Wenn ein MA jetzt aber nicht mehr 12 Stunden bzw nur noch max 48 Studen Pro Woche arbeiten möchte "darf" sich der AG 6 Monate Zeit nehmen um "Ersatz" für die Fehlenden Arbeitskraft zu suchen?! Erscheint mir nicht schlüssig.



    Funfact: An dem Objekt wo der Kollege Arbeitet, gibt es sowohl 8 wie auch 12 Stunden Schichten - von diesem Standpunkt aus gesehen "darf" der AG den MA also nicht versetzen.

  • Erscheint mir nicht schlüssig.

    Der Mitarbeiter ist kein Leibeigener, daher die vergleichsweise kurze Kündigungsfrist. In dem Fall muss der Arbeitgeber halt schauen, wie er an Ersatz kommt.


    Bei Erstellung der Gesetze ging man allerdings davon aus, dass Arbeitnehmer erwachsene Leute sind, die sich ihrer Handlungen und Entscheidungen und derer Konsequenzen bewusst sind.


    Daher hat man eine gesetzliche Regelung eingefügt, die die Rücknahme einer freiwilligen Vereinbarung (aka "irgend einen Wisch unterschrieben") zwischen zwei Vertragsparteien mit einer längeren Frist versieht, damit der Arbeitgeber da dann genügend Zeit hat, für Ersatz zu sorgen. Schafft er das früher, lässt er sicherlich auch mit sich reden (wobei man ja als Mitarbeiter häufig lieber mit und/oder über Dritte kommuniziert).


    Dass die Branche heute so ist, wie sie ist und wie wenig man von Einigen (sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite) erwarten kann, hat bei der Gesetzgebung vermutlich niemand gerechnet.



    In dem Fall hier ist das ein bewusst und freiwillig unterschriebener Vertragsbestandteil.

    Wenn einem das nicht passt, kann man immer noch kündigen, dann ist es ja wieder nur ein Monat.

    Aber das ist halt nicht so bequem wie Arbeitsverweigerung.

  • Guten Morgen,


    KampfKraut

    Wie auch alles andere, muss man viele Dingen gegenseitig betrachten.


    Grundlegend wird der Arbeitsvertrag und deren Inhalte, auch Zusatzvereinbarung, freiwillig vor Arbeitsantritt unterschrieben um sich gegenseitig abzusichern.


    Wir sehen viele Aspekte meist aus der persönlichen Brille ohne die Herangehensweise des Arbeitgebers zu betrachten.

    Drehe ich die Münze und versuche die Denkweise zu verstehen, kann ich (nicht alles) einiges verstehen.


    Der Arbeitgeber hat ja einen Dienstleistungsvertrag zu erfüllen und die Besetzung sicherzustellen.


    Bitte beachte, das wir hier Allgemein sprechen und es überall Verbesserungen möglich seien können.


    Aber:
    Wieder Grundlegend sollte der Mitarbeiter bei Problemen sich bei seinem Vorgesetzten melden und eine gemeinsame Lösung suchen.


    Also ich noch Mitarbeiter führen durfte, habe ich mir die Problematik angehört und versucht diese zu lösen indem ich beide Sichtweisen (AG/AN) übereinander gelegt habe.

    Diese passen in der Regel nicht passgenau und jede Seite sollte hier Zugeständnisse machen.


    Passt es nicht, sollte dem AN dies erläutert werden und dann weiter nach einer Lösung gesucht werden, in welche der AN sich bewegen könnte > nicht muss.


    Persönliche Meinung:
    Probleme im Arbeitsvertrag kündigen sich meist vorher an und ich habe Zeit zu reagieren.

    Änderungen der Stundenzahl nach oben/unten ebenfalls.


    Zurück:
    Ich habe die Problematik der Zusatzvereinbarung noch nicht verstanden, da diese dem MA auch zusichert, sein Stundensoll und darüber hinaus zu erreichen.


    Tom

  • Hm ich denke das Problem liegt hier in der Grundsätzlichen schon vergifteten Ausgangssituation.


    Hab mit dem Kollegen noch mal gesprochen und Einzelheiten erfragt. Aktuell wird wohl von AG Seite nichts mehr getan um die sowieso schlechte Situation vor Ort am Objekt zu verbessern. Die, die nicht sowieso schon weg sind, werden demnächst gehen. Aber bis es soweit ist, wird man eben wegen Versagen der Firma nicht Überstunden Buckeln.


    Da die 6 Monate wohl Rechtens sind, wird man wohl ganz einfach dem AG nicht mehr als die Vertraglich vereinbarten Mindeststunden im Monat zu Verfügung stellen - also in Form der eigenen Arbeitskraft. Und wenn das auch nicht fruchtet...Anzeige wegen Überlastung und Krank.

  • Arbeitszeitbetrug und Nötigung sind natürlich ein guter Ansatz.

    Mit Glück fragt mal ein potentieller neuer Arbeitgeber beim Alten nach, was da denn so los war. Manche Firmen machen das ja...

  • Arbeitszeitbetrug und Nötigung sind natürlich ein guter Ansatz.

    Mit Glück fragt mal ein potentieller neuer Arbeitgeber beim Alten nach, was da denn so los war. Manche Firmen machen das ja...

    Wo genau ist das Arbeitszeit Betrug? Und wenn man wegen Überlastung Krank wird, ist das auch nicht unrechtens (Vom Moralischen Punkt mal abgesehen - den der AG kommt hier seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem AN nicht nach)


    Und das im Wachdienst - in dem auf 10 Jobs 1 AN kommt jemand "Nachfragt" ...:D Vlt fragen sie nach welches Futter der alte Sklaventreiber seinen Eseln gegeben hat damit sie ordentlich Schuften?

    Aber lassen wir das - sonnst fällt wieder die Phrase mit "Freier Arbeitsplatzwahl in Deutschland bla bla"

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