Bonjour,
mit grossem Interesse habe ich die Postings unter dieser Rubrik verfolgt, weswegen ich mich jetzt auch dazu äussere.
Mit Sicherheit ist es gut wenn der arbeitsuchende Kollege erfährt, daß ein oder mehrere andere Kollegen mit einem Unternehmen als Arbeitnehmer oder Auftraggeber schlechte Erfahrungen gemacht haben. Die Frage ist aber ob dies dann ein Einzelfall, d.h. einzener dunkler Fleck auf der sonst (recht) reinen Weste des betreffenden Unternehmens war oder ob die angeprangerte Verhaltensweise quasi in deren Anweisungen für Führungskräfte vorgeschrieben wurde.
Da ich nicht davon ausgehe daß die Admins dieses Forum hier zu Zwecken der Gewinn-Erwirtschaftung betreiben, kann ich es verstehen, dass Sie kein grosses Interesse daran haben die Zielscheibe von den Rechtsbeiständen der gescholtenen Unternehmen sowie deren Regressforderungen wegen Rufschädigung und ähnlichem zu sein.
Das bedeutet aber nicht daß ich die von den namentlich erwähnten Unternehmen an den Tag gelegten Verhaltensweisen gut finde oder denen Absolution erteilen möchte.
Schlecht, d.h. im Sinne von verwerflich, handeln kann kein Unternehmen, das können nur die Personen welche dort beschäftigt sind.
- Wer: Vom Operativen Mitarbeiter bis zur Führungskraft!
- Warum: Aus Inkompetenz, Verzweiflung oder wirklichem Vorsatz (Grauzone oder Kriminell)!
Das bringt mich auch zu dem eigentlichen Thema meines Posting.
Ich habe hier nichts gelesen was ich nicht in der einen oder anderen Form schon selbst einmal miterlebt hätte, entweder persönlich oder bei Anderen.
Egal ob es sich dabei um mittelständische Unternehmen in den Ballungszentren Rheinland, Rhein-Main, München oder um multinationale zusammenfusionierte Konzerne handelt.
Das Ziel ist den Gewinn zu maximieren und dies geht meist nur noch über das Personal, genauer über die direkten oder indirekten Personalkosten. Das wird erreicht über die folgenden Maßnahmen:
Der Kunde (Einkauf und Fachlich zuständiger Ansprechpartner) entscheidet meist über den Preis ("Geiz ist Geil") und die bei der Roadshow mit Powerpoint an die Wand "gebeamerte" Präsentation.
Wenn aufgrund von sportlicher (Synonym für "abenteuerlich") Kalkulation (Wurde wirklich kalkuliert oder gewürfelt?) der Auftrag gewonnen ist, folgt nach kurzer Zeit (Der anfänglichen Phase der Euphorie) die erste wirkliche halbwegs kaufmännische Bewertung der Realität und der Fakten. Nachdem sich die Sprachlosigkeit über das schlechte Ergebnis gelegt hat tun sich dann die Fragen auf:
- Wie verdienen wir trotzdem noch Geld?
- Wie setzen wir die beim Kunden gehaltene Präsentation in die Praxis um? -> Dummerweise besteht der Kunde erntshaft darauf exakt das zu bekommen was Er beauftragt hat und wofür Er bezahlt und was Er in der Präsentation gesehen hat. Manche denken sogar an die operativen Mitarbeiter und fühlen sich für diese verantwortlich!
Da kommen dann als Anwort folgende Maßnahmen:
- Verstärkter Einsatz von Azubis, Einsatz fester MA auf das tarifvertragliche Minimum zurückfahren, Azubi>240h, Mitarbeiter max. 160h
- Deklarierung der Einweisung als Praktikum -> finanziert die Arbeitsagentur,
- Pauschalierung der Lohnfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall, 8h und das nur von Mo-Fr -> "Wenn Sie damit nicht einverstanden sind zwingen wir Sie nicht bei uns zu arbeiten".
- Abzug von Kaution für Dienstkleidung -> aber der Mitarbeiter bekommt nichts oder nur wenig an Kleidung, nach seinem Ausscheiden auch nur wenig oder gar keine Kaution zurücknicht wieder zurück.
- Der Mitarbeiter wird in einer Niederlassung in den neuen Bundesländern eingestellt, und in den alten Bundesländern
eingesetzt -> und bekommt trotz definitivem West-Sitz (und Personaleinsatz) des Unternehmens nur Ost-Lohn. Funktioniert aber auch nicht mehr so richtig.
Und die sind in der Regel nicht immer leicht umzusetzen. Sicherlich bedient sich da mancher in seiner Verzweiflung an Techniken und Methoden welche eher Scientologen nachgesagt werden (oder von denen abgeschaut), oder welche man sonst nur in schlechten Filmen findet ("...,selbstverständlich habe ich dies niemals geagt" -> aber als E-Mail versendet!). Oder bei Dilbert & Co., dort aber als Satire worüber man gerne lacht.
Der Mitarbeiter an der Basis spielt nicht mit? Dann bekommt er halt nur die kurzen Tagschichten und keine Zuschläge mehr. Oder er wird auf ein anderes Objekt strafversetzt (Was sagt wohl der Kunde wenn er wüsste daß eine Versetzung auf sein "Premium"-Objekt als Strafe anzusehen ist?).
Die Folgen sind unzufriedene unmotivierte Mitarbeiter beim Kunden und infolgedessen unzufriedene Kunden. Der Einsatzleiter der alles wieder richten soll kommt mit der Arbeit nicht mehr hinterher und die Qualität sinkt. Und der Kunde will irgendwann keine Krisensitzungen mit bunten Powerpoint-Präsentionen als Lösungsvorschlag sondern reelle Lösungen mit ehrlichen Terminvorschlägen.
Richtig problematisch wird es in dem Moment der Einsatzleiter, Betriebsleiter oder höheres dann zu dem Schluss kommt daß Er das ganze nicht mehr mitmacht ,weil Er es moralisch nicht mehr verantworten kann, und kündigt. Mancher Vorgesetzte fällt dann aus allen Wolken.
Daraus resultieren nicht nur direkt monetäre Folgen (Beschaffung von Ersatzpersonal sowie dessen Einarbeitung) sondern auch solche die sich nicht nicht direkt monetär bewerten lassen (Abfluss von Know-How: Wissen über den Kunden, Methodenkompetenz und Kontakte) welche die Qualität der Dienstleistung weiter verschlechtern und die Abwärtsspirale in Bewegung halten und ultimativ durch den Wegfall von Umsatz schmerzlich monetär wirksam werden.
Die im Branchenpranger kolportierten Geschehnisse sind in meinen Augen keine Einzelfälle, eher mehr oder weniger branchenüblich. Trotzdem gibt es nicht nur schwarze Schafe. Ebenso wie nicht jeder Gebrauchtwagenhändler vom Hinterhof seinen Lebensunterhalt damit verdient Tachos zu frisieren. Und einige der schlechten Unternehmen werden sich selbst aus dem Markt entfernen. Einfach weil sie aufgrund von Mundpropaganda keine Mitarbeiter mehr bekommen. Dazu braucht man sich nur die Stellenangebote unter Arbeitsagentur.de anzusehen. Anhand der Veröffentlichungsintervalle kann man sich die Fluktuationsraten der einzelnen Unternehmen ausrechnen. Vor allem wenn einige Ihren Bedarf dann über Personalvermittler stillen wollen. Meines Erachtens wid dieser Bereinigungsprozess auch trifft viele der wie Pilze aus dem Boden geschossenen Arbeitsvermittler, die "IHK-ausgebildete-§34a-Fachkräfte", "nur mit Vermittlungsgutschein" vermitteln wollen treffen.
Was die Veröffentlichungen betrifft: Mit Sicherheit liest auch der eine oder andere Ansprechpartner beim Kunden, Entscheider beim potentiellen Kunden oder gar der eigene Chef in diesem Forum mit und kann sich manchmal anhand der Inhalte der Beiträge die Karten legen wer gepostet hat. Dennoch finde ich daß ein wenig (oder viel) Transparenz noch nie geschadet hat, sofern es sich um pikante Tatsachen handelt.
Was die Tatsachen betrifft: Eine Tatsache ist wenn jemand pro Jahr 2 neue Autos fährt. Nicht bewiesen ist daß dieser Jemand diese 2 Autos seinen Mitarbeitern vom Munde abgespart hat. Es gibt auch in dieser Branche Leute denen das erste Auto gestohlen wird und die Versicherung dann das neue bezahlt. Oder es wurde bei einem Unfall zerstört. Aufgrund ihrer Erlebnisse/Erfahrungen wählen Sie dann aber ein anderes Modell. Oder er als zweites Standbein ein Unternehmen in der Automobilbranche. Betrachten Sie dies bitte als Hypothetische Beispiele die eventuell auch der Realität entsprechen können.
Aus den anfangs erwähnten Gründen habe ich keine Namen genannt (und werde ich keine Namen nennen). Der eine oder andere wird sich oder andere wiedererkennen. Ich wollte auch keinen weiteren Feuilleton-Beitrag zum "Verfall der Werte" schreiben (Denn dann wüde ich bei der "FAZ" oder der "Welt" arbeiten), sondern nur zum Nachdenken anregen. Jeder sollte darüber nachdenken was man persönlich mitmacht und was nicht. Man sollte seine Mitmenschen ordentlich und fair behandeln. Nur so kann man ordentliche wirtschaftliche Ergebnisse erreichen die auch moralischen Ansprüchen standhalten.
Dieser Beitrag stellt explizit die persönliche Einstellung des Unterzeichners dar, beruht aber auf dessen Erlebnissen und Lebenserfahrung.
A bientot,
Jules
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