Mit Kanonen auf Spatzen geschossen… alte/neue Änderung -Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz- WaffVwV

  • Mit Kanonen auf Spatzen geschossen…

    Nahezu unbemerkt von der [lexicon='Sicherheitsbranche'][/lexicon] veröffentlichte der Bundesanzeiger [lexicon='im'][/lexicon] März 2012 eine „neue Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum [lexicon='Waffengesetz'][/lexicon]“ (WaffVwV).


    Es müsste normalerweise auch nicht interessieren, schließlich wurde die [lexicon='Sicherheitsbranche'][/lexicon] durch vergangene Novellen des Waffengesetzes in Ihrer Tätigkeit nicht eingeschränkt, wurde der Umstand akzeptiert, dass eine freie Wirtschaft auch eines handlungsfähigen (bewaffneten) Schutzes bedarf.


    Außerdem wurde das [lexicon='Waffengesetz'][/lexicon] ja auch nicht geändert – oder?


    Richtig, [lexicon='Im'][/lexicon] [lexicon='WaffG'][/lexicon] unter § 28 findet sich unverändert der bisherige Wortlaut:


    § 28 Erwerb, Besitz und Führen von Schusswaffen und Munition durch Bewachungsunternehmer und ihr Bewachungspersonal


    (1) Ein Bedürfnis zum Erwerb, Besitz und Führen von Schusswaffen wird bei einem Bewachungsunternehmer (§ [lexicon='34a'][/lexicon] der [lexicon='Gewerbeordnung'][/lexicon]) anerkannt, wenn er glaubhaft macht, dass Bewachungsaufträge wahrgenommen werden oder werden sollen, die aus Gründen der Sicherung einer gefährdeten Person [lexicon='im'][/lexicon] Sinne des § 19 oder eines gefährdeten Objektes Schusswaffen erfordern. Satz 1 gilt entsprechend für Wachdienste als Teil wirtschaftlicher Unternehmungen. Ein nach den Sätzen 1 und 2 glaubhaft gemachtes Bedürfnis umfasst auch den Erwerb und Besitz der für die dort genannten Schusswaffen bestimmten Munition.(2) Die [lexicon='Schusswaffe'][/lexicon] darf nur bei der tatsächlichen Durchführung eines konkreten Auftrages nach Absatz 1 geführt werden. Der Unternehmer hat dies auch bei seinem Bewachungspersonal in geeigneter Weise sicherzustellen.(3) Wachpersonen, die auf Grund eines Arbeitsverhältnisses Schusswaffen des Erlaubnisinhabers nach dessen Weisung besitzen oder führen sollen, sind der zuständigen Behörde zur Prüfung zu benennen; der Unternehmer soll die betreffende Wachperson in geeigneter Weise vorher über die Benennung unter Hinweis auf die Erforderlichkeit der Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten bei der Behörde unterrichten. Die Überlassung von Schusswaffen oder Munition darf erst erfolgen, wenn die zuständige Behörde zugestimmt hat. Die Zustimmung ist zu versagen, wenn die Wachperson nicht die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 erfüllt oder die Haftpflichtversicherung des Bewachungsunternehmers das [lexicon='Risiko'][/lexicon] des Umgangs mit Schusswaffen durch die Wachpersonen nicht umfasst.(4) In einen [lexicon='Waffenschein'][/lexicon] nach § 10 Abs. 4 kann auch der Zusatz aufgenommen werden, dass die in Absatz 3 bezeichneten Personen die ihnen überlassenen Waffen nach Weisung des Erlaubnisinhabers führen dürfen.


    Doch was war geschehen?

    Obig genannte Verwaltungsvorschrift regelt (vereinfacht gesprochen) wie die zuständigen Behörden das Gesetz lesen und verstehen zu haben.


    Früher wurde der Schwerpunkt auf §28(1) gelegt – hier besonders den Abschnitt:


    „…wenn er glaubhaft macht, dass Bewachungsaufträge wahrgenommen werden oder werden sollen…“


    Die darauf aufbauende Verwaltungspraxis sollte den betreffenden Unternehmen bekannt sein, 6 Monatiger Firmenwaffenschein, nach erfolgtem Nachweis der Ausübung Verlängerung auf 3 Jahre.


    Die neue Verwaltungsvorschrift sieht den Schwerpunkt jedoch [lexicon='im'][/lexicon] §28(2):


    „Die [lexicon='Schusswaffe'][/lexicon] darf nur bei der tatsächlichen Durchführung eines konkreten Auftrages nach Absatz 1 geführt werden…“


    Folgend die Auszüge zum §28 in der WaffVwV:
    „…Eine Gefährdungsanalyse der zuständigen Polizeidienststelle soll eingeholt werden. Diese hat die spezifischen waffenrechtlichen Belange zu beleuchten und ist nicht identisch mit der Gefährdungsanalyse nach Polizeidienstvorschrift (PDV) 129. Vielmehr hat die Waffenbehörde die Besonderheiten jedes Einzelfalles zu würdigen….“ „…Durch entsprechende Auflagen ist sicherzustellen, dass vor der ersten Wahrnehmung eines Auftrags zum Personen- und Objektschutz eine behördliche Prüfung und Bestätigung der zuständigen Polizeidienststelle eingeleitet wird, die [lexicon='im'][/lexicon] Ergebnis die Aussage treffen muss, dass es sich bei der zu schützenden Person um eine [lexicon='im'][/lexicon] Sinne des § 19 gefährdete Person oder um ein gefährdetes Objekt handelt. Bei Anerkennung der Gefährdung ist ein [lexicon='Waffenschein'][/lexicon] zur Durchführung des bewaffneten Personen- oder Objektschutzes ausschließlich mit einer Einzelgenehmigung durch die Waffenbehörde zu erteilen (Nennung der Person oder des Objektes).“


    Was bedeutet das [lexicon='im'][/lexicon] Klartext:


    „…Bei Anerkennung der Gefährdung ist ein [lexicon='Waffenschein'][/lexicon] zur Durchführung des bewaffneten Personen- oder Objektschutzes ausschließlich mit einer Einzelgenehmigung durch die Waffenbehörde zu erteilen (Nennung der Person oder des Objektes)…“Dies sagt aus, dass es nur noch Firmenwaffenscheine geben wird, in denen z.B. „gilt nur für das Objekt X“ oder „gilt nur für den begleitenden Personenschutz von Herrn Y“


    Zur Erlangung einer solchen Waffenrechtlichen [lexicon='Genehmigung'][/lexicon] muss man mit langwierigen Einzelprüfungen rechnen, bei denen umfangreiche (und zumeist vertrauliche) Internas weitergegeben werden müssen.


    Ebenfalls kann z.B. ein Alarmverfolger oder Revierfahrer nicht mehr bewaffnet alle Objekte anfahren – er muss zwischen eingestuften und nicht eingestuften Aufträgen differenzieren.


    Noch 2013 wurde Branchenintern hinter vorgehaltener Hand zumeist mit einem „das wird alles nicht so heiß gegessen wie es gekocht wird“ abgewiegelt.Inzwischen laufen jedoch die letzten Firmenwaffenscheine aus und die Branche sieht sich – bzw. die bewaffneten Tätigkeitsfelder handlungsunfähig und gelähmt. 2013 durften wir einer Verwaltungsgerichtsverhandlung zum Vollzug des Waffenrechts beiwohnen. Ein Marktbegleiter klagte hierbei entgegen der neuen WaffVwV darauf, seinen Firmenwaffenschein ohne Auftragsbezogene Einzelbeantragung verlängern zu lassen.Die Vertreter der Landesverwaltung machten (subjektiv) klar, dass eine "Entwaffnung" des Sicherheits-gewerbes ansteht. Fachlich fragwürdig und praxisfremd wurde aufgezeigt, wie man sich zukünftig die Genehmigungsverfahren vorstelle und eine Umsetzung vor Ort auszusehen habe. Ein besonders fragwürdiges Zitat des als Sachverständigen geladenen Kriminalbeamten: "Bei einer Alarmverfolgung muss man ja zunächst vor Ort prüfen, ob ein Einbruch oder ein [lexicon='Fehlalarm'][/lexicon] vorliegt, bei Ersterem ist ohnehin die Polizei hinzuzuziehen, bei Zweitem ist keine Waffe notwendig, also wozu braucht ein Alarmverfolger einen [lexicon='Waffenschein'][/lexicon]?!".


    Ebenfalls wurde erläutert, dass die gesonderte Bewertung eines Objektes (so der aussagende Polizeivertreter) nichts mit dem Wert dort lagernder Gegenstände zu tun hat sondern alleinig mit dem kriminellen Umfeld – und das rechtfertigt in der Regel keinen bewaffneten Schutz.


    Die meisten zivilen Objekte werden demnach negativ bescheidet und dürfen nicht bewaffnet bewacht werden (denn Bauwerke können technisch gesichert werden). Selbst Juweliere sind nach dessen Ausführung nicht bewaffnet zu bewachen, da bauliche Maßnahmen ergriffen werden können. Wie das bei temporärer Objektnutzung erfolgen soll blieb unbeantwortet.


    Inzwischen ist diese Klage ebenfalls vor dem Bundesverwaltungsgericht abgewiesen worden, die aktuelle Verwaltungspraxis ist damit bindend.


    Große Branchenverbände versuchen nun, 4 Jahre nach Veröffentlichung, die Verwaltungspraxis wieder praxistauglich adaptieren zu lassen – wir dürfen gespannt sein!



    Dieser Beitrag spiegelt nur den subjektiven Eindruck des Verfassers i. S. d. freien Meinungsäußerung dar.
    Der Autor, Thilo Könicke, ist Sachverständiger & staatlicher zugelassener Prüfer für Waffensachkunde sowie Schusswaffenausbilder.
    Veröffentlicht Ronny Spalteholz [lexicon='im'][/lexicon] Auftrag Thilo Könicke

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